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Beutel
Bezeichnet eine alte Grundform von Reisegepäckstücken wie *Proviantbeutel oder *Geldbeutel im Unterschied zum größeren *Sack (z.B. als Rucksack, Mantelsack). Die Urformen des Beutels (lat., griech. pera, crumina, loculus) sind
- die Tierblase, die man lediglich an der Öffnung mit einer Schnur verschließen muss. Solche wurden bis in die Gegenwart als Geldbeutel genutzt.
- der Tierbalg in Schlauchform, der als Geldkatze (z.B. Marsupium) um die Hüfte getragen wurde.
Der mit Wasser gefüllte Ziegenbalg oder ein Weinbeutel (z. B. parel) dienten unterwegs als Vorratsbehälter. - der allseits vernähte Lederbeutel (lat. ascopera).
Beutel ist ein deutsches Wort aus ahd. pûtil, mhd. biutel, nnl. buidel 1), das noch im isl. budda `Geldbeutel´ bedeutet. Die Endung -el, -il ist eine Verkleinerungsform (wie lateinisch gleichbedeutend sacculus), während *bud- zur indoeuropäischen Wurzel *b(e)u-, *bh(e)u-, *b(h)ū- ‘aufblasen, schwellen’ führt, aus der auch `Beule´ oder `Bauch´abgeleitet wird, also als runde, aufgeschwollene, oder aufgeblasene Dinge oder Körperteile. »Das volk versteht unter beutel auch das scrotum 2) von thieren und menschen« 3), belegt im Frühneuhochdeutschen:
- der butil do dÿ eyer in uesen 4)
- Gretel, wiltu sein mein treutel?
so sprich, sprichs! […]
Ja, koufft du mir ainen beutel, […]
Und reiss mir nit das heutel 6)
Die Suche nach dem sprachlichen Ursprung für `Beutel´ führt in vielen (nicht nur indoeuropäischen) Sprachen zu einer Verbindung zwischen den Begriffen für `Leder´ > `Lederbeutel´ > `Beutel´ > `Hodensack´ (Scrotum, testicules).
- Sehr offensichtlich ist das im Lateinischen: scortum (Leder) > scrautum (Beutel), scrōtum (Hodensack).
- Im Griechischen bezeichnen Ballantion βαλάντιον, βαλλάντιον und marsuppia ebenso ein Gepäckstück wie das Scrotum 7).
Sehr detailliert für viele indoeuropäische Sprachen sowie für das Finnische, Saamische, Nepalesische legt das auseinander: Oliver Simkin
Περίς, πηρίς and περίναιος
E merita , Revista de Lingüística y Filología Clásica LXXXIV 2, 2016, pp. 353-362 ISSN 0013-6662 doi: 10.3989/emerita.2016.18.1532