Jiří Palkovič/Georg Palkowitsch
Böhmisch-deutsch-lateinisches Wörterbuch: mit Beyfügung der den Slowaken und Mähren eigenen Ausdrücke und Redensarten, Band 2, Preßburg 1821
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In der Schriftsprache findet sich der Ranzen als Reisegepäckstück (Proviantbeutel) zwar erst 1510, doch deutet seine Herkunft aus dem Rotwelschen darauf hin, dass der Begriff zu diesem Zeitpunkt bereits lange auf der Straße üblich war, etymologisch ist seine Herkunft dunkel. Im 16. Jahrhundert auch als Renzel, Rensel, Ränzel (mnd.).
Im übertragenen Sinne ab dem 17. Jahrhundert auch für Bauch und Buckel, gleichbedeutend ist das oberschlesische pukeltasza für eine Buckeltasche, also kein Rucksack. „Das Ränzlein schnüren“ bedeutete ein Gepäckstück auf beiden Seiten so zu binden, dass es wie eine große Wurst aussah; als solche wurde es um den Hals gelegt. Eine solche Wurst erscheint auch als Attribut des Narren (Hans Wurst). Im Wörterbuch von Stieler
1522 steht »ein raucher ranzen, vidulus hispidosus«. Letzteres verweist auf Borsten, struppiges Haar, Stacheln. Dies und die Herkunft aus dem Rotwelschen lässt auf ein schlichtes Gepäckstück schließen, vielleicht aus billigem Schweinsleder, ungeglättet mit Borsten. Dieses eigenartige Gepäckstück scheint in den benachbarten östlichen Sprachräumen unbekannt gewesen zu sein, denn dort wurde das deutsche Lehnwort mundgerecht übernommen als ranec (tschechisch, weißr.), ранец (russisch, ukrain, serb.), ranac (serbokr., ung.), ránica (bulg.) ranac (rumän.), ранац (serb.), Ranitsa, ranits (estn., finn.), ránjec (weißruss.) 1), ränitsa (finnisch) 2).
In allen Verwendungen haftet an dem Wort etwas Einfaches und Grobes. So findet es sich auch als Verb für `Handel treiben, etwas Filziges tun, sich auf der Straße herumtreiben, pöbeln, schimpfen, buhlen, läufig sein´. Es deutet immer auf Bewegungen wie stoßen und rennen. 3).
In der Dimunitivform Ränzlein erscheint es ab dem 18. Jahrhundert in Volksliedern. Insbesondere Goethe führte es in die Literatur ein 4). Figurativ wird es als Redewendung eingesetzt, um eine schnelle und endgültige Form des Aufbruchs zu beschreiben, einer kleinen Flucht ähnlich: „darum hast du auch dein Ränzlein immer geschnürt wie ein störriger Geselle, der den Wanderstecken nicht aus der Hand legt, weil die Leute sich mit ihm nicht vertragen können.“ 5).
Erst im 19. Jahrhundert wurde der Ranzen auch gleichbedeutend mit anderen auf dem Rücken getragenen Reisegepäckarten aus kräftigem Leder wie dem Tornister und schließlich insbesondere für Schultaschen.
Jiří Palkovič/Georg Palkowitsch
Eino Koponen
: Eteläviron murteen sanaston alkuperä: itämerensuomalaista etymologiaa, Ausgabe 230 Suomalais-ugrilainen Seura, 1998 Walther Mitzka
: Trübners Deutsches Wörterbuch. Walter de Gruyter Berlin 1954, O-R, S. 292-293Sebastian Brunner
: Gesammelte Erzählungen und poetische Schriften. 1866, 1, 260