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wiki:wandern

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wiki:wandern [2024/04/03 11:54] – [Wandern] norbertwiki:wandern [2025/03/31 05:49] (aktuell) – ↷ Links angepasst weil Seiten im Wiki verschoben wurden norbert
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 ==== Etymologie ==== ==== Etymologie ====
-`Wandern´ tritt neben die anderen 21 germanischen [[wiki:unterwegs-sein|Nomina der Fortbewegung]] ((''Winfried Breidbach'': //Reise - [[wiki:fahrt|Fahrt]] - Gang. Nomina der Fortbewegung in den altgermanischen Sprachen.// Peter Lang 1994  Diss. Köln)) und findet sich vergleichsweise selten im frühen Deutschen, Englischen (aengl. wandrian) und Altfriesischen (wondrian); in den slavischen Sprachen wendrowaz, wandrowasch, wandrati, im Böhmischen Wandrugi, wandrował, wandrowati ((''Václav Jan Rosa'': //Thesaurus linguae Bohemicae//)). Möglicherweise ist es verwandt mit dem Altnordischen //vǫndr// ((vandar, dat. vendi/vǫnd; vendir, acc. vǫndu/vendi)) für ‘Stange, Want, Mast’. //Vǫnd// ist Adjektiv zu //vandr// ‘schwierig’, //vǫndr// bedeutet ‘Zauberstab, Veränderer’. Im Altnordischen wird //vǫnsuðr // mit Wanderer übersetzt, bildlich für `Der Schwingende´ (([[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=308687|Þul Veðra 1 III/1]]; das Wort `Achse´ bedeutet schwingen, daher auch `Achsel´, weil die Arme beim Gehen schwingen)). Dieselbe Vorstellung findet sich auch im Persischen und Arabischen  (//mosāfer// مسافر von //Musāfahat// `die Flügel schwingen´) und im gleichnamigen I-Ging-Zeichen [[https://de.wikipedia.org/wiki/I_Ging#/media/Datei:Iching-hexagram-56.svg|I-Ging-Zeichen]] 56: Der Wanderer 旅 lǚ.+`Wandern´ tritt neben die anderen 21 germanischen [[wiki:Fortbewegung#Nomina der Fortbewegung in den altgermanischen Sprachen|Nomina der Fortbewegung]] ((''Winfried Breidbach'': //Reise - [[wiki:fahrt|Fahrt]] - Gang. Nomina der Fortbewegung in den altgermanischen Sprachen.// Peter Lang 1994  Diss. Köln)) und findet sich vergleichsweise selten im frühen Deutschen, Englischen (aengl. wandrian) und Altfriesischen (wondrian); in den slavischen Sprachen wendrowaz, wandrowasch, wandrati, im Böhmischen Wandrugi, wandrował, wandrowati ((''Václav Jan Rosa'': //Thesaurus linguae Bohemicae//)). Möglicherweise ist es verwandt mit dem Altnordischen //vǫndr// ((vandar, dat. vendi/vǫnd; vendir, acc. vǫndu/vendi)) für ‘Stange, Want, Mast’. //Vǫnd// ist Adjektiv zu //vandr// ‘schwierig’, //vǫndr// bedeutet ‘Zauberstab, Veränderer’. Im Altnordischen wird //vǫnsuðr // mit Wanderer übersetzt, bildlich für `Der Schwingende´ (([[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=308687|Þul Veðra 1 III/1]]; das Wort `Achse´ bedeutet schwingen, daher auch `Achsel´, weil die Arme beim Gehen schwingen)). Dieselbe Vorstellung findet sich auch im Persischen und Arabischen  (//mosāfer// مسافر von //Musāfahat// `die Flügel schwingen´) und im gleichnamigen I-Ging-Zeichen [[https://de.wikipedia.org/wiki/I_Ging#/media/Datei:Iching-hexagram-56.svg|I-Ging-Zeichen]] 56: Der Wanderer 旅 lǚ.
  
 Ursprünglich bedeutete `wandern´ ganz sachlich `einen geraden Weg zurücklegen´ mit einer Nebenbedeutung von `verändern´ im Sinne von `wandeln´ und `wenden´ als einem endlosen hin und her verbunden durch die Kehre (Umkehr, Rückkehr), vielleicht also an die Erfahrung des Gehens hinter dem Pflug zwischen den //Gewänden// der Ackerfläche sich anlehnend ((Im Hunsrück besteht eine Kehr aus zwei Furchen. Grimm DWB Bd. 11, Sp. 400)) so wie auch die `[[wiki:fahrt|Fahrt´]] an das Gehen in der //Furche// angelehnt ist, jedoch früh übertragen wird auf das [[wiki:unterwegs-sein|Unterwegs-sein]] außerhalb der Gemeinschaft durch die [[wiki:wildnis|Wildnis]]. Ursprünglich bedeutete `wandern´ ganz sachlich `einen geraden Weg zurücklegen´ mit einer Nebenbedeutung von `verändern´ im Sinne von `wandeln´ und `wenden´ als einem endlosen hin und her verbunden durch die Kehre (Umkehr, Rückkehr), vielleicht also an die Erfahrung des Gehens hinter dem Pflug zwischen den //Gewänden// der Ackerfläche sich anlehnend ((Im Hunsrück besteht eine Kehr aus zwei Furchen. Grimm DWB Bd. 11, Sp. 400)) so wie auch die `[[wiki:fahrt|Fahrt´]] an das Gehen in der //Furche// angelehnt ist, jedoch früh übertragen wird auf das [[wiki:unterwegs-sein|Unterwegs-sein]] außerhalb der Gemeinschaft durch die [[wiki:wildnis|Wildnis]].
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   * Das alte Wort //lustwandeln// verwandelt das //Wandern// zum //[[wiki:Bummler|Bummeln]]// und //[[wiki:flaneur|Flanieren]]//. Beide betonen das sich-verlieren ohne auf die [[wiki:zeit_musse|Zeit]] zu achten, doch unterscheiden sie sich durch Stil und Haltung. Allerdings ist es kaum vorstellbar, in der [[wiki:waldeinsamkeit|Einsamkeit]] zu bummeln und zu flanieren. Beide benötigen das //sehen-und-gesehen-werden// als Teil einer Menge, von der sie sich absetzen können, teils durch Lässigkeit oder Überheblichkeit oder Nachdenklichkeit, teils durch offensichtliche Expressivität, erkennbar etwa an Einkaufstasche, Sonnenschirm, Spazierstock, Strohhut oder Pfeife.   * Das alte Wort //lustwandeln// verwandelt das //Wandern// zum //[[wiki:Bummler|Bummeln]]// und //[[wiki:flaneur|Flanieren]]//. Beide betonen das sich-verlieren ohne auf die [[wiki:zeit_musse|Zeit]] zu achten, doch unterscheiden sie sich durch Stil und Haltung. Allerdings ist es kaum vorstellbar, in der [[wiki:waldeinsamkeit|Einsamkeit]] zu bummeln und zu flanieren. Beide benötigen das //sehen-und-gesehen-werden// als Teil einer Menge, von der sie sich absetzen können, teils durch Lässigkeit oder Überheblichkeit oder Nachdenklichkeit, teils durch offensichtliche Expressivität, erkennbar etwa an Einkaufstasche, Sonnenschirm, Spazierstock, Strohhut oder Pfeife.
   * Gepäckformen wie [[wiki:felleisen|Felleisen]], [[wiki:berliner|Berliner]], [[wiki:tornister|Tornister]], [[wiki:ranzen|Ranzen]], [[wiki:mantelsack|Mantelsack]] oder [[wiki:rucksack|Rucksack]] wurden zeittypisch über ihre Notwendigkeit hinaus zum kennzeichnenden Merkmal von [[wiki:stereotyp|Stereotypen]] und Gruppen; dabei wandelte sich beispielsweise der Rucksack vom Attribut des Wanderers in den letzten Dekaden zum modischen Accessoire und auch der Bergschuh ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr.   * Gepäckformen wie [[wiki:felleisen|Felleisen]], [[wiki:berliner|Berliner]], [[wiki:tornister|Tornister]], [[wiki:ranzen|Ranzen]], [[wiki:mantelsack|Mantelsack]] oder [[wiki:rucksack|Rucksack]] wurden zeittypisch über ihre Notwendigkeit hinaus zum kennzeichnenden Merkmal von [[wiki:stereotyp|Stereotypen]] und Gruppen; dabei wandelte sich beispielsweise der Rucksack vom Attribut des Wanderers in den letzten Dekaden zum modischen Accessoire und auch der Bergschuh ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr.
-  * [[wiki:stab|Stockformen]] sind bis heute kennzeichnend, etwa als [[wiki:pilgerstab|Pilgerstab]], als Knotenstock (Stenz) für Wandergesellen, als Ziegenhainer für Studenten, als Spazierstock, als Teleskopstock, als [[wiki:wanderstock|Wanderstock]] mit [[wiki:stocknagel|Stocknägeln]] als [[wiki:souvenir|Souvenir]].+  * [[wiki:stock_und_stab|Stockformen]] sind bis heute kennzeichnend, etwa als [[wiki:pilgerstab|Pilgerstab]], als Knotenstock (Stenz) für [[wiki:wanderbursche|Wanderburschen]]/[[wiki:gesellenwanderung|Gesellenwanderung]], als Ziegenhainer für Studenten, als Spazierstock, als Teleskopstock, als [[wiki:wanderstock|Wanderstock]] mit [[wiki:stocknagel|Stocknägeln]] als [[wiki:souvenir|Souvenir]].
   * Bemerkenswert ist, dass das Wandern zur //Wanderschaft// werden kann, also zur Bestimmung, zur Lebensphase, zur Haupttätigkeit, weil analoge Bildungen wie Reiseschaft, Fahrschaft nicht existieren. Derart betont erscheinen auch: Wanderjahre, [[wiki:wandermoench|Wandermönch]], Wanderprediger,  Wander[[wiki:weg|weg]]/-pfad.   * Bemerkenswert ist, dass das Wandern zur //Wanderschaft// werden kann, also zur Bestimmung, zur Lebensphase, zur Haupttätigkeit, weil analoge Bildungen wie Reiseschaft, Fahrschaft nicht existieren. Derart betont erscheinen auch: Wanderjahre, [[wiki:wandermoench|Wandermönch]], Wanderprediger,  Wander[[wiki:weg|weg]]/-pfad.
   * Bemerkenswert ist auch, dass es in der Literatur anscheinend nur einen Wanderer gibt, der ankommt, nämlich den »Kömmling« im zweiten Teil und fünften Akt des //Faust// von ''Goethe''. Entdeckt hat das ''Peter Härtling'' ((''Härtling, Peter'': //Der Wanderer.// München 2002: dtv, S.75. - Hier zitiert nach ''Allessandra Riva'': //Die Figur des Wanderers bei Peter Härtling//, Universität Gießen 2004. [[http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2564/pdf/RivaAlessandra-2005-12-14.pdf|pdf online]] )).   * Bemerkenswert ist auch, dass es in der Literatur anscheinend nur einen Wanderer gibt, der ankommt, nämlich den »Kömmling« im zweiten Teil und fünften Akt des //Faust// von ''Goethe''. Entdeckt hat das ''Peter Härtling'' ((''Härtling, Peter'': //Der Wanderer.// München 2002: dtv, S.75. - Hier zitiert nach ''Allessandra Riva'': //Die Figur des Wanderers bei Peter Härtling//, Universität Gießen 2004. [[http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2564/pdf/RivaAlessandra-2005-12-14.pdf|pdf online]] )).
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   * ''Cusack, Andrew''\\ //The wanderer in nineteeth-century [sic] German literature : intellectual history and cultural criticism//.\\ X, 257 S.  New York 2008.   * ''Cusack, Andrew''\\ //The wanderer in nineteeth-century [sic] German literature : intellectual history and cultural criticism//.\\ X, 257 S.  New York 2008.
   * ''Delius, Friedrich Christian''\\ //Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus.//\\ 154 S. Hamburg 1995: Rowohlt.   * ''Delius, Friedrich Christian''\\ //Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus.//\\ 154 S. Hamburg 1995: Rowohlt.
 +  * ''Esser, Hartmut''\\ //Aspekte der Wanderungssoziologie. Assimilation und Integration von Wanderern, ethnischen Gruppen und Minderheiten. Eine handlungstheoretische Analyse.//\\ Habil. (=Soziologische Texte, 119) 294 S. Bibliogr. S. 267−288 Darmstadt 1980: Luchterhand. [[https://d-nb.info/801088836/04|Inhalt]]
   * ''Härtling, Peter''\\ //Der Wanderer.//\\ 157 S., Darmstadt 1988: Luchterhand\\ Der Autor erzählt von seinen Fussmärschen 1945 durch ein Europa, das in Schutt und Asche lag, von seiner Zeit des Umhergetriebenseins und der Fremdheit. »Fremd bin ich eingezogen, / Fremd zieh ich wieder aus« - so beginnt die Winterreise von ''Wilhelm Müller'' und wird zum Motto von Härtlings //Wanderer//.   * ''Härtling, Peter''\\ //Der Wanderer.//\\ 157 S., Darmstadt 1988: Luchterhand\\ Der Autor erzählt von seinen Fussmärschen 1945 durch ein Europa, das in Schutt und Asche lag, von seiner Zeit des Umhergetriebenseins und der Fremdheit. »Fremd bin ich eingezogen, / Fremd zieh ich wieder aus« - so beginnt die Winterreise von ''Wilhelm Müller'' und wird zum Motto von Härtlings //Wanderer//.
 +  * ''Holt Meyer''\\ //Romantische [[wiki:orientierung|Orientierung]]. Wandermodelle der romantischen Bewegung (Russland): Kjuchel'beker, Puškin, Vel'tman//.\\ 542 S. (=Slavistische Beiträge, 333) München 1995: Sagner. [[https://d-nb.info/94640741X/04|Inhalt]]
     * ''Alessandra Riva''\\ //Die Figur des Wanderers bei Peter Härtling.//\\ Justus-Liebig-Universität Gießen 2005 [[http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2564/|Online]]\\ Die Natur, die Jahreszeiten und der zyklische Ablauf in der Bewegung des Wanderers mit Bezügen zu Goethe, Müller (Winterreise-Zyklus) und Nietzsche.     * ''Alessandra Riva''\\ //Die Figur des Wanderers bei Peter Härtling.//\\ Justus-Liebig-Universität Gießen 2005 [[http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2564/|Online]]\\ Die Natur, die Jahreszeiten und der zyklische Ablauf in der Bewegung des Wanderers mit Bezügen zu Goethe, Müller (Winterreise-Zyklus) und Nietzsche.
 +  * ''Heberle, Rudolf''\\ //Theorie der Wanderungen.//\\ Schmollers Jahrbuch 75.1 (1955) 1−23. [[https://doi.org/10.3790/schm.75.1.1%0A|DOI]]
   * ''Kieling, Andreas''\\ //Ein deutscher Wandersommer.  1400 Kilometer durch unsere wilde Heimat.//\\ 301, [32] S. Ill., Kt. München 2011: Malik. [[https://d-nb.info/1008937517/04|Inhalt]]\\ Mit seiner Hündin Cleo wanderte Kieling entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze vom Dreiländereck bis an die Ostsee, 1400 Kilometer durch acht Bundesländer in sieben Wochen.   * ''Kieling, Andreas''\\ //Ein deutscher Wandersommer.  1400 Kilometer durch unsere wilde Heimat.//\\ 301, [32] S. Ill., Kt. München 2011: Malik. [[https://d-nb.info/1008937517/04|Inhalt]]\\ Mit seiner Hündin Cleo wanderte Kieling entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze vom Dreiländereck bis an die Ostsee, 1400 Kilometer durch acht Bundesländer in sieben Wochen.
   * ''Stefan Schaffner''\\ //Mittelirisch fethid ’geht, macht seinen Weg’, althochdeutsch wadalōn, wallōn ’umhergehen, wandern; umherwogen’, altenglisch waðuma ’Woge, Welle’, waðol ’Vollmond’, und Verwandtes.//\\ in: 277-314 Die Indogermanistik und ihre Anrainer. Dritte Tagung der Vergleichenden Sprachwissenschaftler der Neuen Länder. Stattgehabt an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu Greifswald in Pommern am 19. und 20. Mai 2000, hrsg. von Thorwald Poschenrieder (= IBS Bd. 114), Innsbruck 2004, 277-314    * ''Stefan Schaffner''\\ //Mittelirisch fethid ’geht, macht seinen Weg’, althochdeutsch wadalōn, wallōn ’umhergehen, wandern; umherwogen’, altenglisch waðuma ’Woge, Welle’, waðol ’Vollmond’, und Verwandtes.//\\ in: 277-314 Die Indogermanistik und ihre Anrainer. Dritte Tagung der Vergleichenden Sprachwissenschaftler der Neuen Länder. Stattgehabt an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu Greifswald in Pommern am 19. und 20. Mai 2000, hrsg. von Thorwald Poschenrieder (= IBS Bd. 114), Innsbruck 2004, 277-314 
wiki/wandern.1712145298.txt.gz · Zuletzt geändert: 2024/04/03 11:54 von norbert

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