Viator

  1. Lateinisch `Reisender´, die weibliche Form viatrix 1), abgeleitet von via `Weg, Straße´, verwandt mit viaticum.
  2. Mehrere lateinische Fabeln, auch von Aesop (6. Jh. vor Christus) und Phaedrus nutzen das Stereotyp des viator, etwa: Leo, Prædator et Viator; Viator et corvus; Satyrus et viator; Gladius et viator - also zusammen mit Löwe, Rabe, Schwert, Satyr.
  3. Der viator war ein Amtsbote im antiken Rom. Amtsträger wie etwa Konsuln schickten viatores mit Nachrichten, Befehlen, Ladungen. Viatores waren häufig Freigelassene, jedoch mit polizeilichen Aufgaben vergleichbar den lictores mit ihrem Rutenbündel.
  4. Der Heilige Viator von Bergamo starb 370 als zweiter Bischof von Bergamo; seine Gebeine ruhen in der dortigen Kathedrale. Malereien zeigen ihn mit spiralig gekrümmtem Hirtenstab.
  5. Der Heilige Viator von Lyons starb 389 in Ägypten im Kloster von Scetes (Wadi El Natrun). 381 folgte er seinem Bischof, Justus von Lyon, nach Ägypten um dort als Eremit zu leben; beider Gebeine ruhen in St. Just in Lyon. Sein Name wird als Hinweis auf die berufliche Herkunft gedeutet und auch als `Lektor´ übersetzt.
  6. Die Viatoristen, lat. Clerici Sancti Viatoris CSV sind Angehörige eines Ordens, dessen Patron der heilige Viator von Lyon ist. 1831 von dem französischen Priester Louis-Marie Querbes (1793–1853) in Vourles bei Lyon gegründet, haben sie 99 Niederlassungen in über 15 Ländern.
  7. Als lateinische, mehrdeutige Wendung häufig »Care viator, abi!« und im selben Sinne:
  8. »Sta viator!« `Halte ein, Wanderer!´ ist ein Gedicht von Martin Opitz (1597–1639), das 1630 als zehnzeiliger Alexandriner in der »Schäfferey von der Nimfen Hercinie« erschien:
Ihr blinden Sterblichen, was zieht ihr und verreist
In beydes Indien? Was wagt ihr Seel und Geist
Für ihren Knecht, den Leib? Ihr holet Krieg und Streit,
Bringt auß der neuen Welt auch eine Welt voll Leidt.
Ihr pflügt die wilde See, vergesset euer Landt,
Sucht Goldt, das eysern macht, unnd habt es bey der Handt.
Den Demant findet kaum der schwartze Mohr so weiß,
Der Jaspis ist uns schlecht, die Perlen tregt der Queis,
Hieher Mensch, die Natur, die Erde ruffet dir:
Wohin? Nach Gute. Bleib! Warumb? Du hast es hier.
1)
Mart. Cap. 6, § 581; Inscr. Mur. 1058. 8. A Latin Dictionary.Charlton T. Lewis, Ph.D. and. Charles Short, LL.D. Oxford. Clarendon Press 1879
2)
Jean-Didier Urbain
Secrets de voyage: Menteurs, imposteurs et autres voyageurs invisibles
Paris: Payot 2003, p.283
Forsdick, Charles
Viator in Fabula: Jean-Didier Urbain and the cultures of travel in contemporary France.
Studies in Travel Writing 4.1 (2000) 126-140