====== Völva ====== Die nordischen Völva oder Vala waren wandernde Seherinnen, die wegen ihrer außergewöhnlichen [[wiki:stab#Der Stab bei den Germanen; Seiðr-Stab, Gandr|Stäbe]] als `[[wiki:stabtraeger|Stabträgerin]]´ bezeichnet wurden und bereits in der Antike über Europa hinaus bekannt waren.\\ ''Veleda'' wird von ''Tacitus'' als eine germanische Seherin Völva ((altisländisch //vǫlva, völva//, auch: wölwa, vala, volu)) bezeichnet, weitere namentlich bekannte `Seherinnen´ sind //Albruna, langobardisch //Gambara, Gambaruc// ((nach Saxo, s. ''Arnulf Krause''\\ //Die Götter und Mythen der Germanen//\\ Der Name kann als gand-bera = Stabträgerin, gedeutet werden)), Ganna, Hyndla, gotisch //Walu//burg//; letztere findet sich auf einer Liste im alten Ägypten ((''Stefan Schaffner''\\ //Zur Wortbildung und Etymologie von altisländisch vǫlva ‘Seherin, Prophetin’//\\ in: M. Kozianka, R. Lühr, S. Zeilfelder (Hgg.), Indogermanistik-Germanistik-Linguistik, Akten der Arbeitstagung der Indogermanischen Gesellschaft, Jena 18.-20.09.2002 Hamburg : Dr. Kovač 2004)). Solche Völva erscheinen auch in norwegischen und griechischen Quellen ((''Cleasby, Richard, William A. Craigie, Gudbrand Vigfusson''\\ //An Icelandic-English dictionary//\\ Reprint der Ausgabe 1957 Oxford 2006: Clarendon Pr., jedoch mit einer Ergänzung von Begriffen und Referenzen durch Sir William A. Craigie)), für die ein skythischer Ursprung angenommen werden kann. Völva waren geachtet, gefürchtet wurde das Praktizieren von Seiðr/Sejd durch `ränkekundige [[wiki:literaturliste_frauen_unterwegs|Frauen]] ´ (skollvis kona, sejdkona) oder Männer seiðmaðr, während //Spákona// das Hellsehen und //Heiður// die Heilkraft betont ((''Helga Kress''\\ //What a [[wiki:literaturliste_frauen_unterwegs|woman]] speaks.//\\ Medieval Icelandic Literary History.\\ The history of nordic women's literature, 2012. KVINFO, Kopenhagen)). * ''Kunstmann, Christina''\\ //Magie und Liminalität//.\\ ›seiðr‹ in der altnordischen Überlieferung\\ Berlin, Boston: De Gruyter, 2020. [[https://doi.org/10.1515/9783110678772|DOI]]\\ U.a. zu //deviant burials//, also Sonderbestattungen von Individuen, die aufgrund der Grabbeigaben als seiðr-Ritualspezialisten interpretiert werden. Das entspricht auch einer etymologischen Untersuchung, die dem Sinnbereich Zauber und Magie die ambivalenten Begriffsfelder //heilen & vergiften//, //binden & bannen//, //sprechen, schreien & singen// zuweist (( * ''Essler, Michaela''\\ //Zauber, Magie und Hexerei//\\ Eine etymologische und wortgeschichtliche Untersuchung sprachlicher Ausdrücke des Sinnbezirks Zauber und Magie in indogermanischen Sprachen.\\ 283 S., Diss. Universität Münster 2017\\ Abschnitt 7.3: Priester, Seher, [[wiki:wanderpoeten|Dichter]] - die Wortprofessionisten)). ==== Valkyren/Walküren, Vila/Wila ==== Diese Ambivalenz eignet auch den **Walküren**, sie konnten Schutzengel sein und dem Kampfbereiten Waffen bringen oder Todesengel, die ihn zur Walhalla begleiteten, also als Psychopompos Begleiter ins Jenseits wie die [[wiki:reisegoetter|Reisegötter]]. Daraufhin deutet ein Hinweis auf gotische Priesterinnen, die von Jordanes //Aliorumnas// genannt werden, eine latinisierte Verzerrung von halju-runnos (Hel-løbere `Läufer ins Totenreich´). In der slawischen Mythologie erscheinen die **Vila/Wila** als unbekleidete, blonde Wassernymphen, als weibliche Naturgeister (( russisch вила, ukrainisch віла, polnisch wiła, tschechisch víla, bosnisch/kroatisch/serbisch/slovenisch/bulgarisch vila, auch samowila, samodiwa, samojuda, tschechisch víla, samodiva, divoženka\\ ''Reiter, Norbert''\\ //Mythologie der alten Slaven//\\ in: Haussig, Hans Wilhelm (Hg.): Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart: Klett-Cotta 1973 pp. 163–208. \\ Etymologisch zu verb viti "to wind" kirchenslavisch vichъrь "whirlwind"; Sanskrit: vāyú- "air", PIE u̯ēi̯o- "wind"? )) die dem Menschen wohlgesonnen waren, jedoch auch unbeherrrscht und rachsüchtig sein konnten. Die irdischen Völva und die mythischen Walküren sind gleichermaßen »Jungfrauen des Waldes«, //virgines silvestres// ((''Saxo'', //Gesta Danorum// III, ii, 4)). Das ist nicht romantisch, da der Wald bis zum Ende des Mittelalters als weithin herrenlose [[wiki:wildnis|Wildnis]] auch [[wiki:niemandsland|Niemandsland]] war, in der sich nur [[wiki:outlaw|Outlaws]] und [[wiki:waldlaeufer|Waldläufer]] begegneten. Altnordisches //völlr// `Feld, Wiese, Boden´ bezeichnet den gerodeten Raum umgeben von Wald, befriedetes Land umgrenzt vom haag, dem Zuständigkeitsbereich der hagazussa, Zaunreiterin, Hexe ((vǫllr: PIE *wólnus, `Weide, Wiese´, ebenso hethitisch wellu-š;\\ ''Alwin Kloekhorst''\\ //Etymological Dictionary of the Hittite Inherited Lexicon//\\ Leiden, Boston 2008: Brill)). ==== Vǫlr, Gandr, Wand & Seiðr ==== Als Stabträger bezeichnet werden die Völva, aber auch die mythische die Walküre Göndul/Gandull und selbst ''Odin'' erhält den Beinamen ''Göndlir'' `Zauberstab, Phallus´ ((''Matthias Egeler''\\ //Walküren, Bodbs, Sirenen//\\ Gedanken zur religionsgeschichtlichen Anbindung Nordwesteuropas an den mediterranen Raum\\ Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 71, De Gruyter 2011\\ ''Thomas Steer''\\ //Morphologisch-etymologische Untersuchungen zu ai. methí- ‚Pfosten‚ Pflock‘, lat. mūtō ‚penis‘ und Verwandtem//\\ Historische Sprachforschung / Historical Linguistics\\ Bd. 120 (2007), pp. 142-158; dort 2.3.2 S. 154-155 )). In der Edda und anderen Schriften findet sich wiederholt der [[wiki:begriff|Begriff]] `gandr´ für `Zauberkraft´ ((''Heide, Eldar''\\ //Seid, gand og åndevind//\\ Bergen: Universitetet i Bergen, 2006\\ ''Leszek Gardeła''\\ // (Magic) Staffs in the Viking Age//\\ Studia Medievalia Septentrionalia 27. Wien: Verlag Fassbaender, 2016, 347 S.)). Ob diese an den Stab gebunden ist, dieser also zum magischen Werkzeug wird, ist umstritten ((''Johannes Hoops''\\ //Reallexikon der Germanischen Altertumskunde//, Band 28\\ Walter de Gruyter, 2005 \\ ''Jan de Vries'' \\ //Ginnungagap//\\ in: Kleine Schriften, Walter de Gruyter, S. 113-132\\ ''Rudolf Simek''\\ //Lexikon der germanischen Mythologie//\\ Alfred Kröner Stuttgart 1984)). Die heutige Fachwelt nennt ihn //Seiðr-Stab// oder //staff of sorcery// ((''L. Gardeła''\\ //A Biography of the Seiðr-Staffs. Towards an Archaeology of Emotions.//\\ In L. P. Słupecki, J. Morawiec (eds.), Between Paganism and Christianity in the North\\ Rzeszów 2009: Rzeszów University, 190-219)) und macht ihn damit zum Ritualstab. Als Werkzeug war der //vǫlr// eine massive Stange und der //gandr// ein dünner Stab. Beide konnten zur tödlichen Waffe werden ((indogerm. `gʷhen-2(ə)-´, `schlagen´ im Sinne von `kämpfen, töten´)). Nur der //wand// erscheint weder als Werkzeug noch als Waffe, sondern ausschließlich als ein Zauberstab. Die magischen Rituale //Seiðr// der Völva umfassten Runenzauber, die Weissagung //Spádom// und mitternächtliches //[[wiki:utiseta|útiseta]]// an Kreuzwegen im Wald, dabei bleibt die Rolle des Stabes im Dunklen. In der Ikonographie von `seer´ und `seeress´ spielen neben dem Zauberstab und dem Ast auch Trinkhorn und `Daumen eine Rolle ((''Wikström af Edholm, Klas''\\ //Myth, materiality, and lived religion//\\ in Merovingian and Viking Scandinavia. = Stockholm studies in comparative religion, 40. Stockholm University Press 2019, S. 198 ff.: “The Seer”, “The Seeress”; S. 33 und 277 Volur, )). In Hyndlulióð 33 heißt es, dass alle vǫlur von Viðólfr `Waldwolf´ abstammen, eine Metapher, die die [[wiki:wildnis|Wildnis]] als natürliche Umgebung der Seherin betont. ==== Völundr, der weise Wanderschmied ==== Die Weissagung einer //vǫlva// bildet das erste Lied //Voluspá// der älteren Edda. Die //Edda// ((''Friedrich Wilhelm Bergmann''\\ //Die Edda-Gedichte der nordischen Heldensage//\\ Strassburg, Trübner, 1879; SnE 1998, I, 24-5))) berichtet, dass die Jötin ''Griðr'' (Gridur, Greth, Graith > `Gier, Heftigkeit´) dem ''Thor'' Þórr Waffen lieh, nämlich den Stab //Gríðarvǫlr//, den Stärkegürtel und die Eisenhandschuhe. Damit wurde die Völva zur Mittlerin zwischen Schmied und Kämpfer, zwischen Welt und Gott, übernahm also die Rolle des [[wiki:trickster|Trickster]] ((''Margaret Clunies Ross, B. K. Martin''\\ //Narrative Structure and Intertextuality in Snorri’s Edda: The example of Þórr’s encounter with Geirrøðr//\\ In: Lindow et al. 1986, 56-72, hier: 61, 67)). //[[wiki:Vilsinn|Vilsinn]] vǫlu// ist eine Umschreibung (kenning) für `Trollfrau´. Die //Völundarkviða// erzählt die Geschichte des Schmiedes ''Völundr'' (=Wieland, Wēlund, Velent, ᚹᛖᛚᚩᛞᚢ wela[n]du); der Name ist verwandt mit aisl. //vella// `zum Sieden oder Schmelzen bringen, zusammenschweißen < PIE //u̯el-7// drehen, winden, wälzen; sein Handwerk lehrte ihm der mythische Mimir. Der älteste archäologische Hinweis auf diesen Schmied ist eine Münze, ein Solidus des 6. Jahrhunderts ((''Berghaus, P. & Schneider, K.''\\ //Anglo-friesische Runensolidi im Licht des Neufundes von Schweindorf (Ostfriesland)// Köln 1967, siehe auch [[https://www.frisiacoasttrail.com/post/2019/11/16/weladu-the-flying-blacksmith|wayland]])). ''Alfred der Große'' (848–899), König der West-Sachsen, bezeichnet ihn als »vísi álfa« `weisen Alben´, also etymologisch *albaz `Handwerker, magischer Helfer´, goth. arb-aiþs) guter Abstammung. Das altnordische vǫlundar bedeutet auch `Erbauer´; völdug ((vǫldugr, veldugr, voldugr, valdugr)) meint `kraftvoll, mächtig´. Dem Schmied Völundr entsprechen der irische //Goibhniu//, walisischer //Gofannon// und der normannische //lé bélengi// ((Ishikawa,Mitsunobu\\ //War Wieland der Schmied ein "Weiser"?// Studien zum Altgermanischen, edited by Heiko Uecker, Berlin, Boston: De Gruyter, 2012, pp. 371-380. https://doi.org/10.1515/9783110850444.371\\ dass. In: Studien zum Altgermanischen: Festschrift für Heinrich Beck. Uecker, Heiko [Hrsg.] Berlin 1994 S. 371-380)). Dieser mythische Schmied hinkte, ebenso wie seine Pendants Vulcano und Hephaistos, römischer bzw. griechischer Schmied der Sagen. Am 3. Mai 2002 legten Archäologen von Wessex Archaeology ein Doppelgrab frei, drei Meilen nah an Stonehenge. Ein Mann, 35 bis 45 Jahre alt, kräftig gebaut und mit verschobener Kniescheibe links, in Hockstellung begraben nach Norden blickend, wegen des beigelegten Bogens //Amesbury Archer// genannt. Dieses Grab ist mit rund 100 Grabbeigaben das reichste jemals in England gefundene bronzezeitliche Grab und das älteste, welches Goldobjekte (Haarschmuck) enthält. Eine Isotopenanalyse des Zahnschmelzes zeigt, dass der Mann nördlich der Alpen aufgewachsen ist, etwa im Raum der Schweiz oder der angrenzenden österreichischen und deutschen Regionen - auch das ist einmalig unter den britischen Grabfunden. Unter den Grabbeigaben waren fünf Glockenbecher, auch dies ein Import vom Kontinent. Der beigelegte Steinamboss - auch dies einmalig - diente zum Bearbeiten von Metallen. Drei beigelegte Kupfermesser wurden in Frankreich und Spanien hergestellt.\\ Dass der Mann ehrenvoll und reich begraben wurde, belegt die Wertschätzung und macht einen entsprechenden kulturellen Austausch wahrscheinlich. Das um 3.000 BC begonnene Stonehenge wurde um 2.300 BC mit den heute noch sichtbaren 20-Tonnen-Megalithen ausgebaut, zeitgleich finden sich erstmals Gold und Kupfer in Britannien. Das Gold der Grabbeigabe wurde auf 2.470 BC datiert - der älteste Goldfund in Britannien, die beiden Toten wurden übereinstimmend auf 2400-2200 BC datiert; Glockenbecher erscheinen in Europa ab 2.400 BC.\\ Es entsteht das Bild eines Schmiedes beim Übergang von der Stein- zur Bronzezeit: körperlich kräftig, reich und angesehen, überregional unterwegs und vermutlich willkommen wegen seines Know-Hows, denn körperlich war er ein Krüppel, unfähig zur Jagd und zur Arbeit - außer zum Schmieden. Die Lage im Grab mit Blick nach Norden (= Mitternacht, Dunkelheit) kann auf magische Fähigkeiten hinweisen; üblich ist sonst der Blick nach Osten. Dass die Glockenbecher meist in abseits gelegenen Männergräbern gefunden wurden, kann auf wandernde Einzelgänger hinweisen. Es könnte aufschlussreich sein, diese Merkmale systematisch zu vergleichen: Grablage, Blickrichtung, Art der Grabbeigaben, Knieverletzung. ((''Fitzpatrick, A. P. ''\\ //The Amesbury Archer and the Boscombe Bowmen//.\\ Bell Beaker burials at Boscombe Down, Amesbury, Wiltshire.\\ XXII, 278 S. Ill., Diagramme, Karten. Salisbury 2011: Wessex Archaeology.\\ ''Ulrich Graser''\\ //Der Bogenschütze von Amersbury.//\\ Ein Schweizer als Kulturbringer.\\ in: G/Geschichte, Heft 2/2014, S. 56f.; Augsburg: Bayard Media\\ ''B. Nessel''\\ //Metallurgen im Grab//\\ Überlegungen zur sozialen Einstufung handwerklicher Spezialisten.\\ In: T. L. Kienlin/A. Zimmermann (eds.), Beyond Elites. Alternatives to Hierarchical Systems in Modelling Social Formations. International Conference at the Ruhr-Universität Bochum, Germany, October 22-24, 2009. Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie 215, 2012, 423-432.\\ ''Harald Meller, Roberto Risch, Ernst Pernicka'' (Hg.)\\ //Metalle der Macht - Frühes Gold und Silber//\\ 6. Mitteldeutscher Archäologentag vom 17. bis 19. Oktober 2013 in Halle (Saale). Halle (Saale): Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, 2014.)) Für Norwegen ließ sich zeigen, dass alle größeren Siedlungen in der Nähe von Eisenvorkommen lagen und umgekehrt fehlen solche Siedlungen in Regionen ohne Eisenerzvorkommen. ((''Jørgen Jensen''\\ //Bronze og jern//\\ 2012[[https://danmarksoldtid.lex.dk/Bronze_og_jern|Lex.dk]] )). Die Suche nach Raseneisenstein (engl. Bog iron , dän. Myremalm `Moorerz´) ((''Bowles, G., R. Bowker, N. Samsonoff''\\ //Viking [[wiki:expansion|expansion]] and the search for bog iron//\\ Platforum 2011. 12: 25–37\\ ''Ansteinsson, John''\\ //Malm og Erts i norsk Sprogbruk en semasiologisk Undersøkelse.// (With an Englisch summary). 18 S.\\ Aus: Norges Tekniske Høiskole. Avhandlinger til 25-°arsjubileet 1935\\ Kunze, Jürgen. 2006. "Schorfheide" und verwandte Namen. Erkundungen zu einem rätselhaften Wort. 262 S. Berlin Münster Lit 2006 Goth. malma = ON mâlmr 'оге, metal'; baltisch *gelēža-, *gelž- Sumpferz;schörft > eisenhaltiger Sand > Ortstein, Raseneisenstein; anord. aur / eyrr `eisenhaltiger Sand´: IE * mel(e) `zermalmen, mahlen, schlagen´, aeng. meltan `schmelzen´, ahd. melm `Staub´ anord. malmr `Erz, Metall´, schwed. malm `Erz, Metall´ = `Kies Sand´> Übergang von Sand als Zermalmtes zu Erz)) und Kiefernholz war also bestimmend für Siedlungsgründungen und setzte Schmiedeerfahrung voraus. Einfaches Eisenerzschmelzen ist um 600 AC nachgewiesen in »hellegryte«, mit Stein ausgekleideten Gruben (( A. Espelund\\ Pit Metallurgy?\\ Association of metallurgical engineers of Serbia, 2006, Vol 12 No 2-3, 155-172)). Der Wanderschmied wählte also den geeigneten Ort in der [[wiki:wildnis|Wildnis]] aus und stellte die Axt zur Rodung, die Sichel zur Getreideernte und die Sense für die Heuwiese her ((Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 7, W. de Gruyter 1989, S. 524 `Ernte und Erntewerkzeuge´\\ ''Dieterle, Richard L.''\\ //The Metallurgical Code of the "Vǫlundarkviđa" and Its Theoretical Import// History of Religions 27, no. 1 (1987): 1-31. www.jstor.org/stable/1062531)). »Itinerant craftsmen«, die Eisen verhütten, Holz schlagen, Holzkohle herstellen müssen schon aufgrund solcher Tätigkeiten außerhalb von Siedlungen leben, als »[[wiki:der_wilde_mann|Wilder Mann]]« in der [[wiki:wildnis|Wildnis]] ((''Callmer, Johan''\\ //North-European trading centres and the Early Medieval craftsman.//\\ Craftsmen at Åhus, north-eastern Scania, Sweden, ca. AD 750–850+.\\ In: Central Places in the Migration and the Merovingian Periods: papers from the 52nd Sachsensymposium, Lund, August 2001. Acta archaeologica Lundensia 39. Uppåkrastudier 6. B. Hårdh, L. Larsson (Hg.) Stockholm 2002: Almqvist & Wiskell, S. 125–157\\ ''Leif Einarson''\\ //Which came first – the smith or the shaman?//\\ Vǫlundarkviđa, craftspeople and central place complexes.\\ in: Ney, Agneta. 2009. Á austrvega : Saga and East Scandinavia; preprint papers of the 14th International Saga Conference, Uppsala, 9th-15th August 2009. 1 1. Gävle: Gävle University Press, S. 221-228)).\\ Die Oberharzer Bergbaustadt //Wildemann// führt ihre Gründung auf einen Wilden Mann zurück, der mit einer Wilden Frau in der Nähe eines Silbervorkommens lebte, das er erschlossen hatte. Eisen als wichtigster Rohstoff, Schmied als wichtigster Beruf und Seherin als spirituelle Instanz waren über den eisernen Stab miteinander verbunden; die Rolle des Schmiedes im Zusammenhang mit der »landname« wird dargestellt auf dem Stein Arde VIII aus dem [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 8. Jahrhundert|8. Jahrhundert]] ((''Sigmund Oehrl''\\ //Wieland der Schmied auf dem Kistenstein von Alskog kyrka und dem Runenstein Ardre kyrka III.//\\ In: Beiträge zur nordgermanischen Kultur- und Literaturgeschichte W. Heizmann, K. Böldl, H. Beck, (Hrsg.) Berlin, New York (Walter de Gruyter) 2009 ISBN 978-3-11-021869-5\\ ''Ludwig Buisson''\\ //Der Bildstein Ardre VIII auf Gotland: Göttermythen, Heldensagen und Jenseitsglaube der Germanen im 8. Jahrhundert n. Chr.,//\\ Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-historische Klasse, 3. Reihe, 102 Göttingen 1976)). Dieselben Elemente - Mann, Frau, Eisenstab - finden sich in besonders aufwändigen Steingräbern ((''Leszek Gardeła''\\ //The Good, the Bad and the Undead New Thoughts on the Ambivalence of Old Norse Sorcery//\\ in: Ney, Agneta. 2009. Á austrvega : Saga and East Scandinavia; preprint papers of the 14th International Saga Conference, Uppsala, 9th-15th August 2009. 1 1. Gävle: Gävle University Press)), während sich die Ambivalenz `guter´ und `böser´ Zauberkraft in zwei unterschiedlichen Bestattungsformen spiegelt ((''Nedoma, Robert''\\ //Die bildlichen und schriftlichen Denkmäler der Wielandsage.//\\ Göppinger Arbeiten zur Germanistik 490. Göppingen 1988: Kümmerle. zu Ardre VII S. 27-31.\\ ''Oehrl, Sigmund''\\ //Bildliche Darstellungen vom Schmied Wieland und ein unerwarteter Auftritt in Walhall.//\\ In A. Pesch, R. Blankenfeldt (Hg.): Goldsmith Mysteries. The Elusive Gold Smithies of the North. Papers Presented at the Workshop Organized by the Centre for Baltic and Scandinavian Archaeology (ZBSA), Schleswig 2012, 20./21. Juni 2011. Schriften des Archäologischen Landesmuseums. Ergänzungsreihe 8. Neumünster: ZBSA, 279–335; Ardre VIII S. 284–287\\ ''Reymann, A.''\\ //Schwangere, Scharfrichter und Schamanen//.\\ Überlegungen zur archäologischen Nachweisbarkeit in vermeintlich normierten Sonderbestattungen.\\ Spezialisierungen in der Bronzezeit: Archäologische Quellen und Modelle. Beiträge zur Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Bronzezeit auf der 83. Tagung des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung e. V. 18.-21. September 2016 in Münster, 4, 2020, 147)). * ''Eliade, Mircea''\\ //Schmiede und Alchemisten//.\\ Mythos und Magie der Machbarkeit.\\ Aus d. Franz. von Emma von Pelet. 249 S. Stuttgart Klett 1960. * ''Maillefer, Jean-Marie''\\ //Essai sur Völundr-Weland//\\ La religion scandinave ancienne a-t-elle connu un dieu forgeron?\\ S. 331-352 in: ''Lecouteux, Claude'' et al.\\ Hugur: mélanges d'histoire, de littérature et de mythologie offerts à Régis Boyer pour son 65e anniversaire. Paris 1997: Presses de l'Université de Paris-Sorbonne. * ''Robert Nedoma''\\ //Wieland der Schmied//\\ Spalte 778 bis 781 in: Ranke, Kurt, Rolf Wilhelm Brednich, Doris Boden: Enzyklopädie des Märchens: Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Bd. 14, Lfg.2 Berlin: De Gruyter. ==== Vǫlsi, der Pferdephallus ==== Die sprachlichen Wurzeln führen zu //vǫlr// `Stab, Stange´, zum Adjektiv `rund´ und zu verschiedenen Tätigkeiten des kraftübertragenden Bewegens wie stoßen, rollen, spalten, drehen, winden, wälzen. Davon abgeleitet ist die Bezeichnung //vǫlsi// ((Auch volsi, uolse. Als Völski eine Gottheit in der //Ásmundur flagðagæfa// und als Vǫlsi ein Troll in //Allra flagða þula//, siehe Loth, Agnete, ed. 1962-5. Late Medieval Icelandic Romances. 5 vols. EA B 20-4. Copenhagen: Munksgaard S. 67 sowie im [[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=229065|Skaldic Project]])) für den Pferdepenis, der in derselben Quelle, dem //Vǫlsa þáttr// ((''Hoops, Johannes''\\ 1995. //Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Neunter Band//\\ Berlin: W. de Gruyter. Eintrag Flosand §4: Die Runeninschrift von F. und der Völsa Þáttr)), auch bezeichnet wird als //beytill// (4, 1, Stößel). Sowohl die runde Form als auch die stoßende Bewegung lassen sich von //vǫlr// auf //vǫlsi// übertragen. Eichel und Hodensack als Spezifika des Geschlechtsteiles verformen jedoch die Stange zur Hantel mit verdickten Enden. Im Völsa-þáttr wird der Völsi dem Gott (?) Mornir `Zerschmetterer, Zerkleinerer´ angeboten. Dieselbe Funktion haben das indische [[wiki:vajra|vajra]], die [[wiki:stab#Stäbe der Macht|Mörserkeule]] (pilum) als Blitzsymbol des Jupiter (`Der Zerschmetterer´) und für den Blitzgott Pistor (`Der Zerstampfer´) bei römischen Geburtsriten ((''Thomas Köves-Zulauf''\\ //Römische Geburtsriten//\\ C.H.Beck, München 1990\\ hier Kapitel II. Intercidona, Pilumnus, Deverra; insbesondere S. 108-109\\ )). Das synonym genutzte //beytil// bedeutet im Dänischen ein Locheisen, im Niederdeutschen ist der //bötel// ein Schlegel, im Hochdeutschen ist der //Beitel// ebenfalls ein Werkzeug zur Holzbearbeitung `Stechbeitel´, aber auch ein //[[wiki:beutel|Beutel]]// mit der Nebenbedeutung Hodensack. * ''Heusler, Andreas''\\ //Die Geschichte vom Völsi, eine altnordische Bekehrungsanekdote//\\ Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 13 (1903) 24-39. Rpt. in Heusler 1969, 372-87. * ''Düwel, Klaus''\\ //Das Opferfest von Lade und die Geschichte vom Völsi//\\ Quellenkritische Untersuchungen zur germanischen Religionsgeschichte. Göttingen: Habilitationsschrift 1971 * ''Klaus Düwel''\\ //Völsi-Geschichten//\\ Utzverlag 2021, 978-3-8316-4926-6 Das (!) Vǫlsi erscheint im übertragenen Sinne als `Bindeglied´ zwischen männlichem und weiblichem Prinzip, daher sächlich – es ist das Andere, das Dritte ((Heads and tales: Mímir, Völsi, and the pursuit of prophecy Merrill Kaplan )). Es verbindet die Seherin ''Vǫlva'' ((lateinisch Vulva, volva < volvo)) mit dem Schmied ''Vǫlundr''. Dieser ist der Vater von Sigmundr und Signy. Im //Beowulf// (l. 897) heißt Sigmunds Vater ''Wæls'', daher wird von seinen Nachfahren als den //Völsungen// oder Wälsungen gesprochen (Völsungasaga). //Völsi// ist auch Beiname Odins `Sohn der Pferdevulva´ und darüber vergleichbar mit dem russischen/slawischen Pferdegott //Volos//, dem walisischen //Waelsi//. Die Bezüge zwischen den Begriffen sind dunkel: vǫllr ‘Feld, Weide, Wiese...’, vǫlr `Stab´, griech phallos φαλλός, Wurzel ghla ((Die Geschichte des Völsi, in: Heusler, Andreas, Helga Reuschel. Kleine Schriften: (1865-1940) Band 2. Berlin 1969: de Gruyter, mit detaillierten Quellenangaben; zuerst in: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde in Berlin; 1900, H. 1., Seite 25-39 [[https://www.digi-hub.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:kobv:11-d-4730165|Online]]; ''Düwel, Klaus'': //Das Opferfest von Lade//: quellenkritische Untersuchungen zur germanischen Religionsgeschichte. Wien 1985: K.M. Halosar., ursprünglich als Habilitationsschrift: Das Opferfest von Lade und die Geschichte vom Völsi.)). ==== Verschiedenes ==== * ''Vǫlu-Steinn''\\ lebte als Skalde um 960 ((Landnámabók, ÍF 1, 160, 184, 186)), sein Name verweist auf die magischen Fähigkeiten seiner Mutter ''Þuríðr sundafyllir'' ‘Filler of Waterways’. * ''Vǫlnir''[[https://skaldic.abdn.ac.uk/m.php?p=wordtextlp&i=3002571#ajaxpopup|Völnir]]\\ wird namentlich einmal genannt, da er in einer Schlacht fällt, »kein König war größer als er« ((''Finnur Jónsson''\\ //Carmina Norrœna: Rettet Tekst//ßß\\ Copenhagen 1893: Nielsen & Lydiche)). * //Waller//, Wallfahrt, Wallfahrer\\ `Stabträger´ aus derselben Wurzel, doch ist die Bedeutung von Macht oder Magie dem Pilger abhanden gekommen. * ''Christopher Retsch''\\ //Geflügelte Genitalien, Phallusbäume, kopulierende Paare.//\\ //Zur Motivik auf obszönsexuellen Tragezeichen.//\\ Winged genitalia, phallus trees and copulating couples. On the motifs of obscene-sexual badges.\\ In: Tragezeichen. Social media des Mittelalters/Badges. Social Media of the middle Ages. Begleit- und Ausstellungsband zur Sonderausstellung Pin it! Social Media des Mittelalters von 2017. Hg. vom Europäischen Hansemuseum. Lübeck 2020, S. 210–269. * ''Sebastian Schaffner''\\ //Zu Wortbildung und Etymologie von altisländisch vǫlva ’Seherin, Prophetin’//.\\ in: Indogermanistik, Germanistik, Linguistik. Akten der Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft 18.-20.9. 2002 in Jena, hrsg. von Rosemarie Lühr, Maria Kozianka, Susanne Zeilfelder, Hamburg 2004 487-530 * ''Egeler, Matthias''\\ //Walküren, Bodbs, Sirenen://\\ Gedanken zur religionsgeschichtlichen Anbindung Nordwesteuropas an den mediterranen Raum.\\ (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde - Ergänzungsbände, 71 ) 606 S. Berlin 2011: De Gruyter https://doi.org/10.1515/9783110246612. Inhalt u.a.: Walküren, Irland: Die Bodb, Das ‚Ritual der Aussetzung‘ im keltischen Hispanien, Etrurien: Vanth, Furien, Erinyen, Harpyien und Keren im Mittelmeerraums, Sirenen, Island und ein Harpyiengrab.