Interpassivität
Der Begriff bezeichnet ein Verhalten, die Lust am Genießen von etwas (Jouissance) zu delegieren, eine Form von pseudomobilem balconing.
Durch die Distanz entfallen Risiko und Verantwortung, denn es handelt ja jemand stellvertretend. Auf emotionaler Ebene kann der Genuss sogar gesteigert werden, denn ein emotionaler Ausgleich wie etwa Anteilnahme ist nicht nötig. Weil aber »reale« Gefühle entfallen, besteht die Gefahr der Entgrenzung: es werden Dinge gebilligt, die man selber niemals tun würde.
Als couch potatoe oder Stubenhocker lassen sich sportliche Höchstleistungen auf dem Bildschirm verfolgen, zu denen man nie in der Lage wäre und selbst Kochsendungen werden mehr bestaunt als nachgeahmt, weil man seine eigenen Grenzen kennt. Je umfassender interpassives Verhalten jedoch wird, desto geringer werden Erfahrungen mit der Welt draußen und Interpassivität wird zur erfahrenen Wirklichkeit - Nicht-Reisende erklären dann dem Reisenden die Welt.
Robert Pfaller
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Interpassivität: Studien über delegiertes Genießen
Springer Wien 2000- ders.
Die Illusionen der anderen: Über das Lustprinzip in der Kultur
Suhrkamp Frankfurt am Main 2002 Claus Pias
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Die Lust des Stattdessen. Spielverderber der Erlebnisgesellschaft, in: FAZ 13.09.2000