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Risiko

Die Möglichkeit, einen Schaden zu erleiden, dessen Eintritt nicht sicher ist. Der mögliche Schadenum­fang S und die Eintrittswahrscheinlichkeit p des Ereignisses in­nerhalb eines bestimmten Zeitraumes ergeben multipliziert die Schadenshöhe. S und p werden ermittelt

Risiken setzen Gefahren voraus

Zwischen beiden wird meist nicht unterschieden. Hier ein Beispiel: Die Gefahr, von einem Auto überfahren zu werden, kann man als Alltagsgefahr ansehen. Das Risiko, von einem Auto überfahren zu werden, ist zwar allgemein hoch, wenn man auf der Straße steht, jedoch gering, wenn man am gleichen Straßenabschnitt im Vorgarten sitzt. Frei nach Robert Lemke: »Die größte Gefahr im Straßenverkehr sind Autos, die schneller fahren als ihr Fahrer denken kann.« Gefahren und Risiken kann nur derjenige gut einschätzen, der damit lebt und Erfahrung im Umgang damit hat; also im obigen Beispiel der Straßenbauarbeiter auf der Autobahn. Bei allen anderen setzt Angst ein, eine sinnvolle Reaktion unbekannten Gefahren aus dem Weg zu gehen. Was Angst macht, macht aber auch Schlagzeilen. Die Medienforschung unterscheidet daher drei verschiedene Realitäten:

Reiseerwartungen beruhen für Unerfahrene im Wesentlichen auf dem medialen Bild. Dies aber verengt die Realität auf das Sensationelle und beim Sensationellen auf das Bedrohliche. Während der Hai die größeren Ängste weckt, stellt die Gräte objektiv das größere Risiko dar, gemessen an der Zahl der Toten pro Jahr. Das größte Risiko auf Reisen bilden nicht wilde Tiere, sondern Verkehrsunfälle 1). Im Dschungel stellt fallendes Totholz ein größeres Risiko dar als Schlangen.

Ein hohes Risiko setzt eine Exposition voraus

Der Insasse einer Anstalt kann nicht vom Auto überfahren werden, weil er keinen Ausgang hat. Er ist nicht dort, wo die Gefahr droht. Allerdings kann er auch nicht lernen, mit dieser Gefahr umzugehen, denn das setzt Erfahrung voraus. Keine Erfahrung ohne Risiko. Unfälle im Straßenverkehr bilden das höchste Risiko bei Reisen. Gerade damit haben wir viel Erfahrung, denn das richtige Verhalten im Straßenverkehr lernen wir von Kindesbeinen an und fühlen uns sicher. Dieses Gefühl der Sicherheit führt zu Reflexen und Leichtsinn und kann das Risiko deutlich erhöhen, wenn sich die Umstände ändern. Wer von Deutschland beispielsweise erstmals nach Kenia fliegt, erwartet vielleicht von Schlangen gebissen und von Löwen gefressen zu werden. Beide Gefahren existieren objektiv. Viel eher wird er jedoch vor dem Flughafen angefahren, weil er vom Rechts- in den Linksverkehr wechselt und beim Überqueren der Straße in die falsche Richtung schaut.

Gefahren sind absolut, Risiken statistisch

Es ist sicher, dass jeder Mensch sterben wird: der Tod ist eine Gefahr mit dem Risiko von 100%. Im Durchschnitt wird ein Mensch 80 Jahre alt, also rund 28.500 Tage. Das bedeutet, dass jeden Tag eine Wahrscheinlichkeit von rund 35 Millionstel besteht, dass der Tod eintritt 2) durchschnittlich aufs ganze Leben gesehen. Damit beträgt das Alltagsrisiko 35 Micromort - auch wenn man nur still im Zimmer sitzt.

Die größten Zusatzrisiken birgt der Alltag mit seinen Gewohnheiten: nach 10 Zigaretten (7 Micromort) und einem halben Liter Wein (1 Micromort) und 10 km mit dem Motorrad (1 Micromort) ist das Alltagsrsiko von 35 auf 44 Micromort angewachsen. Für falsche Ernährung und mangelnde Bewegung liegen keine Zahlen vor. Autofahren führt dagegen erst nach 370 km zu einem weiteren Micromort.

Nicht alltägliche Risiken wie Tauchen (5) oder Fallschirmspringen (7) sind auch nicht gefährlicher als 10 Zigaretten mit dem Unterschied, dass nach dem Sport das Risiko vorbei ist, nach dem Zigarettenkonsum jedoch nicht.

Die Bypassoperation (16.000) birgt ein hohes Risiko; sie zu unterlassen ist vielleicht noch riskanter. Auf den Mount Everest zu steigen (35.000) ist zwar doppelt so riskant, jedoch hat der Bergsteiger durch ein gesundes Leben und viel Sport in den Jahren zuvor viele Micromorts aus anderen Risiken gespart: 13 Jahre täglich 10 Zigaretten bergen das gleiche Risiko.

Die ganze Rechnerei mag im Kleinen fragwürdig sein, zeigt jedoch im Großen, dass Menschen Risiken nicht richtig einschätzen können, daher ist eine *Risikoanalyse notwendig. Schon 1990 plädierte Thomas von Randow »für eine adäquatere Darstellung von Gefahren in den Medien« und forderte einen »Risikoindex« zur Vergleichbarkeit von Risiken. Und er warnte vor »Hirnverschmutzung«, auch durch den »*Immermehrismus« 3)

Verweise

siehe auch

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1)
WHO Road traffic injuries Fact sheet Updated May 2017
2)
Je älter man wird, desto höher diese Wahrscheinlichkeit
3)
Thomas von Randow
Falsch verstandene Risiken. Plädoyer für eine adäquatere Darstellung von Gefahren in den Medien
28. Dezember 1990 ZEIT Nr. 01/1991
https://www.zeit.de/1991/01/falsch-verstandene-risiken/komplettansicht