Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


wiki:xenodochium

Xenodochium

Eine neue Art von Herberge, die ab dem Ende des 4. Jahrhunderts entstand, war das griechische `Fremdenhaus´, aus xenos `Fremder´ und dechomai `aufnehmen´. Diesem entspricht sprachlich das Hospital/Hospiz aus lateinischem hospes `Gast´; daraus entstand auch das heutige `Hotel´.

Das Bedürfnis nach Schutz, Sicherheit und einem Rückzugsort empfinden nicht nur Reisende, sondern auch Arme ohne Wohnsitz sowie Kranke und Alte. Dem christlichen Gebot der Barmherzigkeit und Nächstenliebe folgend entstanden im frühen Christentum Einrichtungen, die diesen Bedürftigen einen Schutzraum boten. 398 trug das Konzil von Karthago den Bischöfen auf, Fürsorgepflicht für Fremde zu übernehmen. Dazu sollten auch Xenodochien errrichtet werden. Das wahrscheinlich erste dieser Art ließ Basilius der Große um 370 bei Caesarea in Kappadokien bauen. Im oströmischen Raum entstanden zahlreiche dieser Häuser bis ins 8. Jahrhundert, im weströmischen Reich entsprachen ihnen die Hospize, aber überall im Mediterraneum entstanden sie entlang der Pilgerwege ins Heilige Land, nach Rom, Santiago de Compostela und anderen Zielen. Das erste Xenodochium im weströmischen Reich entstand 395 in Portus bei Ostia, finanziert durch den Senator Pammachius. Allein in und bei Rom sind rund 14 Xenodochien vom 395 bis zum 9. Jahrhundert bekannt wie etwa Xenodochium Pammachii; X. Anichiorum; Pauperibus habitacula ad b. Petrum, b. Paulum et ad s. Laurentium; 1).

  • Thomas Sternberg
    Orientalium more secutus.
    Räume und Institutionen der Caritas des 5. bis 7. Jahrhunderts in Gallien.
    Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 16, 334 S., 26 Abb., Münster 1991: Aschendorffsche.
    Eine umfassende quellenanalytische Studie nach historisch-philologischen Kriterien, jedoch bleiben archäologische Erkenntnisse unberücksichtigt. Der Autor bewertet Xenodochien als »eine programmatische Neuschöpfung gegen die übel beleumundeten gewerblichen Herbergen« (S. 151).

Im westlichen Europa forderte das Reformkonzil 816 von den Bischöfen die Stifte und Klöster mit einem Hospitium für pauperes und peregrini zu versehen (Sternberg S. 304-306), so findet sich auf dem Klosterplan von St. Gallen in der Schweiz ein domus peregrinorum et pauperum. Die weitaus meisten Xenodochien liegen extra muros, also außerhalb der Stadtmauern, dazu mögen die Standorte ehemaliger römischer Anlagen beigetragen haben (Rasthäuser, Straßenstationen `mansiones´) 2).

Ebenfalls Herbergen zur Übernachtung, jedoch für eine andere Zielgruppe, waren im Mediterraneum Karawansereien (arabisch funduq > entlehnt Fondaco), wobei die Zugehörigkeit zum Christentum oder zum Islam eine Rolle spielte, weitere Varianten waren pandocheion, khān, wakāla, loggia, alhóndiga.

In der Fachliteratur werden die Xenodochien meist kirchengeschichtlich oder medizingeschichtlich betrachtet, ihre infrastrukturelle Bedeutung für Reisende und das Reisen wird eher stiefmütterlich behandelt:

  • Berger, Jutta Maria
    Die Geschichte der Gastfreundschaft im hochmittelalterlichen Mönchtum. Die Cistercienser.
    Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1996/97. Berlin Akad.-Verl. 1999
  • Dietz, Maribel
    Wandering monks, virgins, and pilgrims
    Ascetic travel in the mediterranean world, A.D. 300/800.
    University Park, Penns. 2005: Pennsylvania State University Press.
  • Christian-Jürgen Gruber
    Xenodocheia: eine Unterkunftsmöglichkeit für Pilger
    Eine Untersuchung ihrer Verwaltung und Einbettung im byzantinischen Ägypten
    in: Ariantzi, Despoina, Ina Eichner: Für Seelenheil und Lebensglück: das byzantinische Pilgerwesen und seine Wurzeln. Tagungsband. Mainz 2018: Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums
  • S. Mratschek
    Crossing the Boundaries: Networks and Manifestations of Christian Hospitality.
    S. 149-179 in: : Carmen Angela Cvetković, Peter Gemeinhardt (Hg.): Episcopal Networks in Late Antiquity: Connection and Communication across Boundaries. (=Arbeiten zur Kirchengeschichte, 137) 372 S. Berlin 2019: De Gruyter.
  • Michael Matzke
    De origine Hospitalariorum Hierosolymitanorum.
    Vom klösterlichen Pilgerhospital zur internationalen Organisation.
    Journal of Medieval History, 22.1 (1996) 1-23, DOI: 10.1016/0304-4181(96)00004-8
  • Schreiber, Georg
    Mittelalterliche Alpenpässe und ihre Hospitalkultur.
    Miscellanea Giovanni Galbiati Tl. 3 (1951) 335-352
  • Voltaggio, Michele
    „Xenodochia“ and „Hospitia“ in Sixth-Century Jerusalem
    Indicators for the Byzantine Pilgrimage to the Holy Places.
    Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 127.2 (2011) 197-210.
  • Schneider, Walter
    Die Hospitäler im Raum Alt-Tirol. Probleme einer Pass- und Übergangsregion.
    S. 59-99 In: Michael Matheus (Hg.): Funktions- und Strukturwandel spätmittelalterlicher Hospitäler im europäischen Vergleich. Stuttgart 2005. (Geschichtliche Landeskunde 56).
1)
R. Santangeli Valenzani
Pellegrini, senatori e papi
Gli xenodochia a Roma tra il V e il IX secolo
in: Rivista dell'Istituto nazionale d'archeologia e storia dell'arte, 1996, 19-20
2)
H. Bender
Archäologische Untersuchungen zur Ausgrabung Augst-Kurzenbettli.
Ein Beitrag zur Erforschung der römischen Rasthäuser.
174 S., hier S. 133-135. Antiqua 4 Frauenfeld: Huber 1975.
Lexikon des Mittelalters Bd. 4 `Gasthaus´ Spalten 1132-1136 und Bd. 5 `Hospital´ Sp. 133-137
wiki/xenodochium.txt · Zuletzt geändert: 2024/01/15 00:22 von norbert

Donate Powered by PHP Valid HTML5 Valid CSS Driven by DokuWiki