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Liste der Bücher, die das Unterwegs-Sein und die Welt verändern

Printing and the Mind of Man PMM 'Bücher, die die Welt verändern' war das Konzept für eine Ausstellung, die Druckwerke nach ihrer Bedeutung für die Kulturgeschichte der Menschheit auswählt und andere Kriterien zurückstellte (→ Ausstellungsliste Bibliophile Reisebücher), also beginnend mit der Welt nach der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg im 15. Jahrhundert.

  • Die Idee wurzelt 1940 in den Vorbereitungen einer Gutenberg-Jubiläumsausstellung, die aber wegen des Weltkrieges nie stattfand.
  • Printing and the mind of man.
    Assembled at the British Museum and at Earls Court, London, 16-27 July 1963.
    125, [3], 61, [3] S., 32, 16 S. Tafeln. Messrs F.W. Bridges & Sons Ltd. and the Association of British Manufacturers of Printers' Machinery (Proprietary) Ltd., [London], [1963]
    Liste der Bücher, die das Unterwegs-Sein und die Welt verändern
  • Ins Deutsche übersetzt als: Bücher die die Welt verändern.
    788 S. München 1968: dtv; Darmstadt 1969: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. - Die Angaben der Tabelle folgen diesen Ausgaben.

Kanones

Diese PMM-Perspektive unterscheidet sich grundlegend von der Idee eines Lesekanons, wie es sie im deutsch-, englisch-, französischsprachigen usw. gibt und der Ideen von „Weltliteratur“, uomo universale und Kosmopolit zugrundeliegen. Vergleicht man die Kanones (Listen bei Wikipedia), so finden sich jedoch nur geringfügige Übereinstimmungen zwischen den Werken auf englischen (BBC, TIMES), französischen (Le Monde), niederländischen Listen, etwas besser sieht es aus, wenn man Autoren vergleicht. In den 300 Titeln der englischen und französischen Listen finden sich Imaginäre Reisen:

  • Paul Bowles: Himmel über der Wüste 1949
  • Joseph Conrad: Herz der Finsternis 1899, Lord Jim 1900
  • Daniel Defoe: Robinson Crusoe 1719
  • Edward Morgan Forster: Auf der Suche nach Indien 1924
  • William Golding: Herr der Fliegen 1954
  • Ernest Hemingway: Fiesta 1926
  • Jack Kerouac: Unterwegs 1957
  • Selma Lagerlöf: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson 1906–1907
  • Antoine de Saint-Exupéry: Der kleine Prinz 1943
  • Claude Lévi-Strauss: Traurige Tropen 1955
  • Jonathan Swift: Gullivers Reisen 1726

Die ZEIT hat seit 1978 vier solcher Listen erstellt, die verglichen mit den oben genannten erheblich weltläufiger sind, doch auch hier findet sich nur ein einziger Reisebericht neben den imaginären Reisen:

  • Nr. 26 der ZEIT-Sachbuchliste: Georg Forster: Reise um die Welt 1778/1780

Diese Kanon-Perspektive und die dabei angewandten Kriterien werden kritisch vorgestellt von:

  • Javier Gómez-Montero
    Europäische Lektüren jenseits von Europa: Weltliteratur, literarischer Kanon und die Bildung in Europa Online angelegt bei der Uni Kiel im Rahmen des Elica-Projektes. Gómez-Montero verweist dabei auf die erweiterte kulturanthropologische Sicht, beispielhaft vertreten durch:
  • Valéry, Paul
    La crise de l’esprit.
    Œuvres I, Paris: Éditions Gallimard, 1957, S. 988−1014. Online
    Valéry nennt als Merkmale des Homo europaeus 1)
    • die römische Gesetzgebung
    • die christliche „la morale subjective“
    • die griechische „méthode de penser“
    • und damit die „inquiétude et recherche perpetuelles“ des Homo europaeus

Wenn also die PMM-Perspektive danach fragt, welche Bücher die Welt bewegt haben, dann wird pragmatisch nach Veränderungen gesucht und nicht nach ästhetischen Vorbildern, die man gelesen haben sollte. Auf der einen Seite verschwindet damit die Frage nach dem literarischen Genre: ein Roman (etwa Robinson) kann ebenso viel bewirkt haben wie ein Reisebericht (etwa die Suche nach den Quellen des Nils). Auf der anderen Seite wäre jedoch zu fragen, wie denn die Ursache-Wirkungs-Ketten (messbar?) bestimmt werden können. Der Essay von Georg Christoph Lichtenberg aus dem Jahr 1793 »Warum hat Deutschland noch kein großes öffentliches Seebad?« wäre dann daraufhin zu befragen, ob er in der Sache etwas bewegt hat.
Darüber hinaus kann solch ein Text dennoch ästhetischen Kriterien genügen: Lichtenbergs Essay wurde von Marcel Reich-Ranicky in seinen Kanon aufgenommen, der als ein Kriterium in seinem Essay-Band Michel de Montaigne zitiert »Das Glück des Staunens gibt mir das beste Argument.«
Das Staunen verbindet das Leseerleben mit dem Reiseerleben und führt wiederum zu Montaigne: »Meine Gedanken schlafen ein, wenn ich sitze. Mein Geist geht nicht voran, wenn ich nicht meine Beine in Bewegung setze.«

1)
Kuhn, Michael; Sultana, Ronald (Hg.): Homo Sapiens Europaeus? Creating the European Learning Citizen. New York 2006: Lang.
wiki/literaturliste_pmm.txt · Zuletzt geändert: 2025/02/23 11:32 von norbert

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