Georg Philipp Harsdörffer
Das Schauspiel teutscher Sprichwörter
Gerhardt, Nürnberg 1644/1657, S. 338
Scherzhafte Metapher für `zu Fuß reisen´ oder `lange Strecken zu Fuß gehen´ mit der Nebenbedeutung `weil man sich nichts anderes leisten kann´ und oft als bildhafte Gegenüberstellung Fußgänger-Reiter:
Die nächstliegende Deutung von `Schusters Rappen´ als `schwarze Stiefel´ verweist auf eine Entstehung im oberdeutschen Sprachraum, denn dort enstand der Begriff `Schuster´ 9) im 15. Jahrhundert und dort wurden dunkle (`rabenschwarze´) Pferde seit Anfang des 16. Jahrhunderts als `Rappen´ bezeichnet, als ein besonders edles Pferd. Aus diesem Sprachraum stammen auch die ältesten Belege. Für diese Deutung spricht auch, das dasselbe Bild (reiten > zu Fuß gehen) sowohl in älteren Metaphern (auf dem Apostelpferd reiten) sowie in benachbarten Sprachen verbreitet ist, (Beispiele siehe unter zu Fuß reisen).
Eine andere Deutung findet den Begriff im südwestdeutschen Raum (Breisgau) unter dem Einfluss des Alemannischen; dort ist `rapp´ der Rabe, im 14. Jahrhundert der `Kolmar-Rappen´ (Elsass) und seit dem 15. Jahrhundert der `Rappen´ (Freiburg) eine kleine schwarze Münze mit einem Vogelkopf (Rabe?); `berappen´ (`die Zeche bezahlen´) wanderte aus der Studenten- und Gaunersprache (Rotwelsch) über die schwäbische Krämersprache ins Hochdeutsche ein (19. Jahrhundert) 10).
Der älteste bildhafte Vergleich (zu Fuß gehen > Reiter) findet sich im Koran als Ausspruch Muhammads »al-munta'ilu ahadu r-rakibaini« `der Beschuhte ist eine Art Reiter´, vergleichbar auch in anderen mittelalterlichen arabischen Quellen 11).
Aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen gleichzeitig die Erstbelege für »auf der Mutter Fohlen reiten« (`uf siner muoter vüln´) sowie an gleicher Stelle synonym »er reitet der Zwölfboten Pferd« (`er ritet der zwelfboten pfert´) 12), eindeutig spottend.
Im 15. Jahrhundert dichtet Michael Beheim
im Buch der Wiener 1462 - 1465 13):
Wir musten all zu fußen gan, man sach viel manchen werden man reiten auff seiner muter voln.
Der „Zwölfboten Pferd“ bezieht sich auf die zwölf Apostel, die von Jesus als Boten des Glaubens zu Fuß in alle Himmelsrichtungen geschickt wurden, nämlich per pedes apostolorum. Die lateinische Redewendung wurde im Volksmund zum `Apostelpferd´, selbstironisch, spöttisch oder ein angeberisches Verhalten bezeichnend:
Diese Formulierung bezieht sich auf die wandernden Franziskanermönche (frz. Cordeliers, engl. Franciscan friars) bzw. Kapuzinermönche (frz. capucins):
Georg Philipp Harsdörffer
Abraham a Santa Clara
Johann Gottfried Seume
Lutz Röhrich
Anton Spitaler
Heinrich von Freiberg
Alois Bernt
Johann Fischart
Jakob Feucht
Felix Bobertag
(Hrsg.) Vierhundert Schwänke des sechzehnten Jahrhunderts Darmstadt 1964. 336, 32 Johannes Lauremberg
Nathanael Duez
Johann Theodor Jablonski
Nic. di Castelli
Allan Ramsay