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wiki:gepaeck

Gepäck

Auf einer langen Reise drückt eine kleine Last.
Reise-Sprichwort

Oberbegriffe

»Gepäck« ist zwar Last, jedoch keine Fracht sondern persönliches Hab und Gut für unterwegs. Als neutraler Sammelbegriff für eine Klasse gleichartiger Objekte, die gleichwohl sehr unterschiedlich gestaltet sein können, hier also wörtlich »Pack« im Sinne eines Bündels oder einer Bürde. Mehrdeutig ist der Begriff, weil er

  1. die Summe des mitgeführten Gepäcks bezeichnet, also etwa:
    • Bündel
      • Zedeño, M.N.
        Bundled Worlds: The Roles and Interactions of Complex Objects from the North American Plains.
        J Archaeol Method Theory 15 (2008) 362–378. DOI
    • Pack(en)
  2. die Kategorien der Gepäckstücke bezeichnet, wie etwa:
  3. die Summe aller Dinge meint, die sich in den Behältern befinden, also das Reisegepäck im engeren Sinn wie etwa

Kategorien

Reisegepäckstücke vom Brustbeutel bis zum MOLLE-System der US Army unterscheiden sich primär nach

  • Nutzung als Geldbörse, Proviantbeutel, Getränkeflasche, Kleidersack, Bergsteigerausrüstung usw.
  • Behältnis, etwa als Beutel, Sack, Kraxe (Tragreff), Koffer, Rollkoffer
  • Material: Baumwolle, Canvas, Duffle, Fell, Leder, Loden, Nylon, Wachstuch, Zwilch
  • Baukonzept aus Behältnis und Tragehilfen
    mit Gurten, Schnallen, Schnüren, Stäben, Rohren, Polstern
  • Auflagepunkte
    am Körper: Stirn, Hals, Schulter, Brust, Hüfte, Hand
    am Lasttier: Satteltasche, Futterbeutel
    am Fahrzeug: Fahrradtasche, Motorradkoffer, Dachgepäck
  • Zweck als Mode-Assessoir oder Einkaufshilfe, für Outdoor-Aktivitäten oder Soldaten oder als Handgepäck fürs Flugzeug
  • Form, Größe, Farbe resultieren aus den Entscheidungen bezüglich der obigen Kriterien.

Pack & Plunder

Das alte deutsche Wort »Plunder« hatte bereits im 17. Jahrhundert einen zunehmend abwertenden Charakter erhalten, obwohl es im 14. Jahrhundert lediglich eine Sammelbezeichnung für Kleinteile, Kleidung , Hausrat war. »Plündern« meinte daher zunächst »mit Sack und Pack« umziehen, wurde jedoch später als »ausrauben« umgedeutet. Auch das altenglische rêaf kennt diese Mehrfachbedeutung als Plunder, Kleidung, Ausrüstung.

Auch die Begriffe »Pack« und »Bagage« wurden im Laufe der Zeit abgewertet, indem sie vom Gepäck auf die Träger übertragen wurden. Das »Pack« bezeichnete also »Gesindel« oder »hergelaufenes Pack«, das an seinem Gepäck erkennbar war. Vielleicht spiegeln diese Umdeutungen das Verhalten der Landsknechte im kriegerischen 17. Jahrhundert, die mit ihrem »Schnappsack« unterwegs waren.

Bagage

»Bagage« wird als französisches Wort wahrgenommen, ist jedoch in vielen Sprachen verbreitet, weil es sprachlich aus jahrtausendealtem `baga´ stammt, einer altaischen Wurzel, die sich bereits in vorgeschichtlicher Zeit verbreitet haben muss 1).

Luggage

Interessant ist das englische luggage, das heute weithin synonym mit baggage genutzt wird, jedoch betont es zudem die Schwere der Last. Es wird abgeleitet von englisch lug `etwas Schweres ziehen´, welches wiederum von (dänischem oder norwegischen) lug, lugg, logg hergeleitet wird. Davon leitet sich auch das Loggersegel ab, ein kleines Segel, das mit schnellem Ruck hochgezogen wird sowie das Log, das hinter dem Schiff hergezogen wird. Im Englischen heißt lug insbesondere »an den Haaren ziehen« und erinnert an die Seile aus Pferdehaar, die »im ganzen ersten Jahrtausend unserer Zeit­rechnung rund um die Nordsee … im Gebrauch waren« (Strieker, Haarreep) 2).
Dass Gepäck mit Hilfe eines Seils zu ziehen macht allerdings nur Sinn, wenn es auf einem Schlitten liegt. Im Englischen wie im Französischen bezeichnet luge einen Schlitten. Luggage ließe sich also deuten als `a heavy load on a luge´, eine schwere Last auf dem Schlitten. Dann wäre also die Bedeutung vom Ziehen auf das Gezogene übertragen worden, also vom dänischen Verb lug auf das englische Objekt luge. Der Sprachraum (englisch, französisch, dänisch) deutete auf normannische Herkunft, also das 10. und 11. Jahrhundert 3). Das Wortfeld um die indogermanische Wurzel *leug-1 enthält Begriffe für biegsames, gedrehtes, längliches 4).

  • Elliott, Annabel Fenwick
    From the Crusades to robotic cases, the surprisingly interesting 1,000-year history of luggage. The Telegraph 28.09.2018 Online
  • McHugh, Jess
    A Brief History of the Modern Suitcase.
    Travel + Leisure 08.12.2016 Online
  • Murphy, Cullen
    Luggage Through the Ages.
    The Atlantic 01.06.1986 Online Anlässlich der Ausstellung Bon Voyage im Smithonian Institute.

Liste internationaler Bezeichnungen für Gepäck

Sprache Gepäck 1Gepäck 2
Dänisch bagage
Deutsch Gepäck, Pack, Plunder
Englisch baggage luggage
Färöisch viðføri
Isländisch farangur
Niederländisch bagage
Norwegisch bagasje oppakning
Schwedisch bagage packning
Französisch bagage
Italienisch bagaglio
Portugiesisch bagagem
Rumänisch bagaj
Spanisch bagaje equipaje
Bulgarisch багаж (bagáž)
Kroatisch prtljaga
Polnisch bagaż
Russisch багаж (bagáž) кладь klad'
Slowakisch batožina
Tschechisch zavazadla
Estnisch pagas
Finnisch pakaasimatkatavarat
Lettisch bagāža
Litauisch bagažas
Ungarisch poggyász csomag
Esperanto bagaĝo
Griechisch αποσκευή
Türkisch bagaj eþya

siehe auch
Reisegepäck
Anschaffungen
Ausrüstung
Lasten
Lasttiere
Wagen
Lastverteilung
Mindest-Nutzlast an Gepäck

1)
Johannes Hubschmid
Schläuche und Fässer
Wort- und sachgeschichtliche Untersuchungen mit besonderer Berücksichtigung des romanischen Sprachgutes in und außerhalb der Romania sowie der türkisch-europäischen und türkisch-kaukasisch-persischen Lehnbeziehungen
A. Francke Bern 1955, S. 91-97
Uwe Friedrich Schmidt
Praeromanica der Italoromania auf der Grundlage des LEI (A und B)
Band 49 von Europäische Hochschulschriften. Reihe 9, Italienische Sprache und Literatur
Peter Lang, 2009, ISBN 3631587708, 9783631587706, 502 S. Kapitel bak*, S. 131-135
Elizabeth Lambourn
Abraham's Luggage: A Social Life of Things in the Medieval Indian Ocean World
Cambridge University Press, 2018, S. 19 Fußnote 38
2)
Jürgen Eichhoff
Die Sprache des niederdeutschen Reepschlägerhandwerks
Böhlau Köln 1968, S. 102
3)
911 Normandie als Lehen, 1066 Schlacht bei Hastings
4)
Falk, H.S., Alf Torp
Norwegisch-Dänisches etymologisches Wörterbuch
Erster Teil: A-O. Mit Literaturnachweisen strittiger Etymologien sowie deutschem und altnordischem Wörterverzeichnis
Heidelberg, Carl Winters, Oslo & Bergen 1960
Annales Academiae Scientiarum Fennicae. Ser. B.,
Suomalainen Tiedeakatemia, 1970, S. 17-18 `luge, luken´
wiki/gepaeck.txt · Zuletzt geändert: 2023/05/26 15:06 von norbert

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