Inhaltsverzeichnis
Träger
Deutsch | Englisch | Französisch | Spanisch | Niederländisch |
Reisegepäck | luggage | Bagage | Equipaje | Bagage |
---|---|---|---|---|
Last | burden | charge | carga | last |
Lasttier | pack animal | bête de somme | bestia de carga | lastdier |
Fracht | freight | fret | flete | vracht |
Träger | porter | porteur | potador | drager |
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Ein Träger ist dem Reisenden ein Helfer im Zwischenraum wie auch ein Begleiter, Dolmetscher, Fährmann, Führer, Kundiger, Steuermann, Wächter. Träger übernehmen zwar oft auch deren Aufgaben, doch lässt sich die Aufgabe des Tragens besonders einfach delegieren, so dass Lastenträger zwar Besitz (→ Sack und Pack) auf sich nehmen, jedoch meist nicht den eigenen. Der Begriff `Kuli´ bezeichnet in allen dravidischen Sprachen, im Türkischen, in Urdu, Hindustani und Gujarati (eine Trägerkaste) den Träger 1) und dessen harte Arbeit, ebenso im Chinesischen, Japanischen, Philippinischen - nicht aber im indoeuropäischen Raum, wo neben dem Tragen auch das Fahren und Transportieren mit dem Wagen möglich war.
Die Last in den Händen zu tragen behindert Arm- und Beinfreiheit, daher bietet sich das Tragen auf dem Kopf als einfachste Tragetechnik an und ist in vielen afrikanischen Ländern bis heute verbreitet, während das Tragenetz (z.B. bilum in Papua-Neuguinea) das Tragen mit der Stirn, der Schulter und dem Rücken ermöglicht. Sack, Beutel und Rohr (z.B. Bambus) lassen sich mit der Tragstange (z.B. furca) auf den Schultern tragen.
Reisende tragen in der Regel ihr Gepäck selbst, mindestens ihren Proviant. Doch wenn die Luft zu dünn wird, die Hitze zu groß, der Schnee zu tief, der Dschungel zu schlammig - ist man dankbar, dass ein Träger die Last übernimmt. Einheimische Träger sind im Vorteil, weil
- sie bestens an die klimatischen Bedingungen angepasst sind;
- sie die Gefahren des Weges und des Klimas kennen, daher sind sie auch Wächter.
Ein Träger verkauft daher nicht nur seine Arbeitskraft, sondern auch sein Know-How. Die Leistung der Träger anzuerkennen und zu honorieren (nicht nur Geld, sondern auch Lebensmittel, Getränke, eine Decke), sichert nicht nur ein Einkommen, sondern auch ein Auskommen miteinander.
Begrifflich spiegelt der »Gepäckträger« den touristischen Blick der Moderne auf den viel sachlicheren »Lastenträger«, weil Letzterer in Europa selten geworden ist. Das sieht anders aus, wenn man in Madagaskar auf einem Markt etwas einkauft, in Indien einen Bahnhof betritt oder in der ostafrikanischen Steppe auffällt, weil man der einzige ist, der nichts auf dem Kopf trägt. Selbst im Rheinland trugen die Knechte auf den Bauernhöfen noch in den 1950er Jahren Normsäcke mit 100 Kilogramm Gewicht. Das entspricht dann etwa der Traglast, die Malville
bei nepalischen Trägern (männlich, 20-49 Jahre alt) mit 146 % des Körpergewichts ermittelte.
„Die Karavane von Bihé kommt gewöhnlich jedes Jahr zwei Mal nach Benguela, wo sie die mitgebrachten Waaren für europäische Erzeugnisse umtauscht. Eine solche Karavane besteht oft aus 3000 Köpfen, von welchen wenigstens die Hälfte bewaffnet ist; da es hier zu Lande keine Saumthiere gibt, so werden alle Waaren, auch in die entferntesten Gegenden, von Menschen transportirt.“
Einer solchen Karawane (ambakka) schloss sich Magyar
an 2) und beschreibt die Vorgehensweise sehr ausführlich. Der Karawanenführer (som ambakka) verhalf ihm zu seiner Dienerschaft (Kikumba), an erster Stelle einem Kissongo (Haushofmeister, Leibwächter) und einem Kalei (Dolmetscher), dazu drei Sklaven. Der Reisende selbst liegt auf einem Tragetuch zwischen zwei Stangen (tipoia, oanda) und wird von zwei Trägern getragen. Damit diese sich abwechseln können, bedarf es dafür sechs bis acht Träger. Das persönliche Reisegepäck tragen die Sklaven, weitere Lasten werden für die Lastträger in Ballen (kupa) gepackt und mit Stangen (mango) getragen, insgesamt rund 90 Pfund.
Gründliche Überlegungen zur Rolle des Trägers und den Umgang mit ihm stellte Wissmann
an 3), dessen Expedition 400 Träger einplante:
„Mit all den schönen Ermahnungen im Herzen kehrten die Träger nach ihrem Lagerplatz zurück, doch schon auf dem Marktplatz waren die guten Vorsätze vergessen, denn mit harmloser Dreistigkeit raubten sie den Marktweibern die Waaren aus den Körben. Der hierdurch verursachte Schaden war nicht unerheblich; die Expeditionskasse mußte wohl oder übel die Unkosten tragen, und dann wurde der Vorfall mit dem Mantel der Liebe zugedeckt.“ (S. 26, dort auch ein Bild von Trägern mit ihren Lasten auf Tragstangen).
Andree
fasst in seinem Werk verschiedenen Expeditionsberichte zusammen und beschreibt auf dieser Grundlage die Erfahrungen mit Trägern sehr anschaulich 4).
Literatur
Träger in Asien
Bastien, G. J., Schepens, B., Willems, P. A. and Heglund, N. C.
Energetics of load carrying in Nepalese porters
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The mechanics of head-supported load carriage by Nepalese porters
Journal of Experimental Biology 219 (2016) 3626-3634. DOIMalville, N. J.
Porters of the eastern hills of Nepal: body size and load weight
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Träger in Afrika
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Afrikanische Verkehrssysteme der Gegenwart
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Pioneiros africanos. Caravanas de carregadores na África centro-ocidental (entre 1850 e 1890).
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Les porteurs: forme de domination et agents de changement en Angola (XVII-XIXe. siècles).
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Carregadores, guias e caçadores: trabalho e resistência na expedição portuguesa ao interior da África (1884–1885).
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Transport Planning in Sub-Saharan Africa.
Putting Gender into Mobility and Transport Planning in Africa.
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Afrikanische Lastenträger: Visuelle und literarische Darstellungen und ihre didaktische Herausforderungen für den DaF-Unterricht in Afrika
Bertin Nyemb; Augustin Kenné; Georges Massock. Paradigmenwechsel in der Fremdsprachendidaktik. Konzeptionen und Perspektiven des DaF-Unterrichts und Germanistikstudiums im afrikanischen Kontext, S.43-66, 2019. ⟨hal-01870767⟩Elaine Ribeiro
„Expedição portuguesa ao Muatiânvua“ como fonte para a história social dos grupos de carregadores africanos do comércio de longa distância na África centro-ocidental.
(=„Portuguese Expedition to MuAtiânvua“ as a source for the social history of groups of African porters of long distance trade in western central Africa)
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VIII, 384 S. Diss. University of Toronto, 1997. Ann Arbor, MI, 1997: UMI. OnlineRockel, Stephen J.
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The Journal of African History 41.2 (2000) 173-195.Rockel, Stephen J.
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Lasten tragen, Moderne befördern. Wanderarbeit, Jugend, Erwachsenwerden und ihre geschlechtsspezifischen Differenzierungen in Ghana.
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Träger in Europa
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Reliktowe formy transportu nasobnego I recznego w kulturach ludowych srodkowej Europy. Diss. Wroclaw 1976.Kłodnicki, Zygmunt
Tradycyjne Formy Transportu Na Ziemiach Polskich : Przenoszenie Różnych Brzemion Siłami Ludzi W Pierwszej Połowie Xx Wieku.
Zeszyty Wiejskie : Pismo Naukowe Interdyscyplinarnego Zespołu Badania Wsi Uł Z. 22 (2016) S. 77-97.
Eine systematische Darstellung des Tragens und der Tragemittel, deren archaiste Formen zuletzt im Nordosten Polens eingesetzt wurden.Novakova, Katarina
,Zuzana Turinicova
Sherpas in High Tatras as a Touristic Phenomenon (Analysis of a specific Alpine Profession as a European attraction). Internetional Conference on Economics, Education and Humanities (ICEEH 14). 2014. S. 192–195Aleš Smrčka
Cultural Heritage Viability: An Example of Traditional Transport in Central Europe. Muzeológia a Kultúrne Dedičstvo 9 (2021) 27–44. Bibliogr. S. 39–43 DOIWeiss, Dieter
Vom Tragen auf dem Rücken.
in: Volkskundliches aus dem Steirischen Ennsbereich / Hrsg. Von Volker Hänsel. 1981: 157-172.
20 bäuerliche Rückentragegeräte, überwiegend aus dem Landschaftsmuseum Schloß Trautenfels, werden vorgestellt und eingeteilt in Rahmen aus naturgewachsenem Holz, handwerklich gefügte Rahmen und Rahmen mit Korbgeflecht
Die Träger in der Geschichte
Pauline Allen
Prolegomena to a Study of the Letter Bearer in Christian Antiquity
Studia Patristica 62 (2011) 481−491T. Kerig
Feldbestellung, Schwertransport und die Beschaffung von Feuerholz. Zum Faktor Arbeit im Neolithikum.
In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Jungsteinzeit im Umbruch. Die „Michelsberger Kultur“ und Mitteleuropa vor 6000 Jahren (Karlsruhe 2010) S. 84–89.Bine Kramberger
,Anja Hellmuth Kramberger
Von neolithischen „Großen Müttern“ bis zu sumerischen Königen.
Ein Überblick zum Nachweis des Transports auf dem Kopf in der Vor- und Frühgeschichte.
S. 33–58 in: Nessel, Bianka, Daniel Neumann, Martin Bartelheim. Bronzezeitlicher Transport: Akteure, Mittel und Wege. Tübingen 2018: Tübingen University Press. Bibliographie S. 53–58Robert Lessmann
Die kleinen Menschen, die grosse Lasten tragen
mandelbaum Verlag 2008, 117 Seiten, ISBN-10: 3854762631Sonja Malzner, Anne Peiter
(Hrsg.)
Der Träger. Zu einer „tragenden“ Figur der Kolonialgeschichte
transcript, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-8376-3753-3.Matthies, Volker
Im Schatten der Entdecker: indigene Begleiter europäischer Forschungsreisender
Ch. Links Verlag, 2018Moffatt, Nicole
A world both small and wide: the letter-bearer’s journey from Cicero to Jerome.
Macquarie University 2023. 584 S. Thesis. DOI
Träger werden lateinisch benannt als baiulus (im Sinne von Stabträger), funktional als portitor, perlator und selten als tabularius (»qui litteras reddit«), siehe auch den Eintrag zu tabellarius inWolfgang Schoensieder
: Apparatus eloquentiae. München 1630: Henrici.Schaper, Edzard
Einer trage des andern Last: eine Elegie auf den letzten Gepäckträger
Vol. 417. Verlag Die Arche, 1965
Humanbiologische Aspekte des Tragens
Bastien, G. J.
,Willems, P. A.
,Schepens, B.
,Heglund, N. C.
Effect of load and speed on the energetic cost of human walking.
European Journal of Applied Physiology 94 (2005) 76–83.DOIKenntner, Georg
Gebräuche und Leistungsfähigkeit des Menschen im Tragen von Lasten.
Eine biogeographische Untersuchung. Band 3. Springer-Verlag, 2013Kramer, Patricia A.
The Effect of Energy Expenditures of Walking on Gradients or Carrying Burdens.
American Journal of Human Biology 2.2 (2010) 497–507G. M. Maloiy
,N. C. Heglund
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etal.
Energetic Cost of Carrying Loads. Have African Women Discovered an Economic Way?
Nature 319.6055 (1986) 668–669.Rohit Sharma
,Ranjit Singh
Determination of Safe Carrying Load Limit for Woman Carrying Water.
Journal of Ergonomics 2.2 (2012) 1–7.
siehe auch
Magyar, Ladislaus
Reisen in Süd-Afrika in den Jahren 1849 bis 1857. Aus dem Ungarischen von Johann Hunfalby: 1. Band : Mit einer Landkarte und acht Lithographien. 448 S. Pest und Leipzig, 1859.Wissmann, Hermann von
: Im Innern Afrikas die Erforschung des Kassai während der Jahre 1883, 1884 und 1885. XIX, 457 S., mit einem Titelbild, über 100 Abbildungen und 3 Karten. Leipzig Brockhaus 1888. Seite 20 ff.Andree, Karl
: Forschungsreisen in Arabien und Ost-Afrika nach den entdeckungen von Burton, Speke, Krapf, Rebmann, Erhardt und anderen. Leipzig 1861: O. Purfürst.Band 1: Burtons Reisen nach Medina und Mekka und in das Somaliland nach Härrär in Ost-Afrika. Band 2: Die Expeditionen Burtons und Spekes von Zanzibar bis zum Tanganyika- und Nyanza-See; Rebmanns Wanderung nach Dschagga und Krapfs Reisen im äquatorialen Ostafrika und Abessinien.