Volkert Haas
Handbuch der Orientalistik
The Near and Middle East. Der Nahe und Mittlere Osten …
Brill, Leiden 1994, S. 512
Mit einem japanischen Gott Da hockt der dicke Gott und grinst, der schwere Bauch in düstern Falten ... und über des Geschickes Walten sitzt jener ruhig da und blinzt ... O Wandrer, lüfte deinen Hut! Denn dieser strebt zum Idealen. Was weiß er von des Denkens Qualen? Er existiert und damit gut! Kurt Tucholsky [Pseud. Theobald Tiger]: Fromme Gesänge. 1919
siehe auch Liste der Reisegottheiten sowie Genius cucullatus, ein Schutzgeist.
Reisende setzen sich dem Unbekannten aus. Seine Übergänge beginnen mit dem Überschreiten der Schwelle, setzt sich fort beim Verlassen der Siedlung durch das Tor und durch den Zaun, der die Felder einhegt. Reisende folgen dem Pfad, einem Weg, einer Piste durch die Wildnis, insbesondere beim Durchschreiten von Gewässern oder Überschreiten von Pässen, dem Wetter ausgesetzt und den wilden Tieren. Das Unbekannte weckt Angst vor Gefahren und ein Bedürfnis nach Schutz und Orientierung. Bevor es Impfungen, Reiseführer und Ausrüsterläden gab, waren dafür Reisegötter zuständig. Reisegötter und Schutzgeister (später auch Christophorus) versehen daher ihre Aufgaben insbesondere an Kreuzungen, Pässen, Furten, Quellen, Oasen usw., oft erinnert ein Steinmann daran sie anzurufen, im tibetischen Himalaya sind es Gebetsfahnen, in Europa auch Feldkreuze oder das Dreikönigszeichen am Türrahmen.
Reisegötter geben Sicherheit, denn …
Fähigkeiten | Bedürfnis | Attribut | Text und Bildquellen |
---|---|---|---|
… sie kennen die Richtung und den richtigen Weg | Orientierung | Stein(zeichen) | |
… sie bringen Licht in die Dunkelheit | Orientierung | Mond, Fackel | RDK Labor |
… sie zähmen die Wildnis | Stärke, Kraft | Hund, Schlange | Lurker 1983 |
… sie brechen leicht auf | Mut, Zuversicht | Stab, Hut | |
… sie sind schnell | Ziel | Schuhe, Flügel | Engel |
Die Attribute der Reisegötter sind von praktischen Erfordernissen des Reisens diktiert, denn »… Unternimmt in den Mythen eine Gottheit eine Reise, so zieht sie sich die Schuhe an - die »eiligen Winde« - und nimmt ihren Stab in die Hand« 1). Die Prioritäten der Ausrüstung und das Prinzip der Einfachheit bestimmen das Reisegepäck.
Lurker, Manfred
Scholz, Herbert
Göhde, Hildegard
Küster, Erich
Maringer, Johannes
Kobler Friedrich
»Reisegötter« (engl. travel deities) sind Schutzgottheiten, die angerufen werden, wenn reisetypische Schwellen und Grenzen überschritten und sicherheitsstiftende Ordnung verlassen werden. Man kennt sie in den Altertumswissenschaften als Türgottheiten und als Wegegottheiten. Gemeinsam ist ihnen, dass sie an Übergängen wirken, dort, wo richtungsweisende Entscheidungen zu treffen sind. Aus dieser Sicht werden sie auch liminal deities genannt und psychologisch-anthropologisch interpretiert, weil die Übergänge nicht nur äußerlich sondern auch innerlich erfolgen.
Die wesentlichen Aufgaben zielen auf äußere Sicherheit und innere Zuversicht. Voraussetzung dafür sind Glauben und Vertrauen. Gegenstand der Aufgabe ist die Wegfindung vom Aufbruch zum Ziel im unbekannten Zwischenraum. Die Probleme des Reisenden liegen in dem Umständen dieses Weges, also in
Eine Schutzgottheit bietet Sicherheit auf der Grenze zum Unbekannten, zur Wildnis, zum Fremden, weil sie damit umzugehen weiß. Das setzt eine Vertrautheit zu diesen Bedrohungen voraus, also wird die Schutzgottheit Teil des Unbekannten, Wilden und Fremden. Das Verhältnis zur Schutzgottheit wird dadurch ambivalent, denn in ihrer Eigenschaft als Trickster kann man ihr nicht vertrauen. Ihr zu opfern gleicht einer Schutzgeldzahlung. In der Symbolik spiegelt sich das durch Doppelköpfigkeit (Janus) oder Mehrleibigkeit (Hekate Trivia).
Grenzgänger, die solche Übergänge selbstverständlich passieren oder sogar immer wieder suchen, gelten als faszinierend, jedoch suspekt, ihre Archetypen sind der Wilde Mann, der an das Animalische im Menschen erinnert und der Outlaw, der daran erinnert, dass der Einzelne nicht ohne Gemeinschaft bestehen kann.
Auch die Abenteurer der Moderne gehören dazu, Ritter ebenso wie Helden, aber auch Hexen, Schamanen, Eremiten, die Kundigen des Fahrenden Volkes und Reisende, die im Unterwegs-sein gefangen sind.
Das Bild des »guten Hirten« hat als Metapher bis heute überdauert: bärtig, groß und stark, voller Lebenskraft, gegen Mensch und Tier gerüstet schützt er seine Herde. Seine Attribute decken sich denen der Reisegötter und mit denen der Fürsten - weltlicher ebenso wie geistlicher. Es scheint, als bezögen diese Reisegötter ihre Kräfte aus der nomadischen Kultur von Abel im Gegensatz zum hausbauenden Schmied Kain:
Manche Schutzgottheiten haben christlich geformt bis heute überdauert, so etwa Christophorus als Schutzpatron der Reisenden. Ihm vergleichbar finden sich als Beschützer der Reisenden:
Diese Reisegötter zeichnen sich durch besondere Merkmale und Eigenschaften aus, sie sind:
H. Collitz
Adam Breysig
Bremmer, Jan N.
, Andrew Erskine
(Hg).Gabriele Groschner
Heffter, Moritz W.
Herbig, Gustav
Motz, Lotte
Motz, Lotte
M. Šašel Kos
L. Pauli
Schlesier, R.
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Volkert Haas
Cicero
Jürgen Tubach
Carsten Colpe
H. Hübschmann
Laurie L. Patton
Sukumari Bhattarcharji
P.-L. van Berg
Ferdinand Justi
Paul Wurm
Nan Ouyang
Heinz Bechert
Martin Kraatz
Karl Florenz
S. I. Johnston
David R. West
Johnston, S. I.
Ifigenija Radulović, Snežana Vukadinović, Aleksandra Smirnov Brkić
Rolf Hurschmann
A.L. Frothingham
Kahn, L.
Athanassakis, A.
Aloys Ludwig Hirt
Masssimo Pallotino
Radke, Gerhard
D. Emmanuel-Rebuffat
Simona Rafanelli
Nancy Thomson de Grummond
, Etruscan Myth, Sacred History, and Legend, Philadelphia: University of Pennsylvania Museum 2006, S. 125 Walter C. Jaskiewicz
Brückner, A.
Maier, F. G.
Joh. Cunradi Dieterici
Franz-Josef Mone
Hermann Müller
Siecke, Ernst
Roscher, Wilhelm H.
Pan als AllgottM. L. West, Morris West
Mallory, J. P.; Adams, D. Q.