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wiki:steinmann

Steinmann (Obo, Cairn)

Der Steinmann ist konkret ein Artefakt in der Wildnis, physisch eine Raumteilung und psychisch ein Eingriff in die Raumvorstellungen. Als Zeichen ist er ein Zeugnis des Unterwegs-Seins, weil Reisende mit ihrem hinzugelegten Stein einerseits eine Kunde hinterlassen als Zeugnis, dass sie dort waren und als Hinweis, dass hier ein Weg von irgendwoher nach irgendwohin verläuft.

Liste von Steinsetzungen

Steine als Wegzeichen

Karling

Als Wegzeichen zur Orientierung gibt es ein natürliches Vorbild im Karling. Dies bezeichnet glaziologisch pyramidenförmige Bergspitzen, die durch ihre schroffen und steilen Grate mit manchmal fast senkrechten Wänden unübersehbare Fixpunkte im Raum bilden, scheinbar isoliert in der Bergwelt. Diese entstanden aus dem Eisstrom der Gletscher. In Europa wird die dabei entstehende pyramidale Form oft als „Horn“ (schweiz. Gorner, ital. Corno, lat. Cornu) bezeichnet (Matterhorn, Wießbachhorn, Großer Hornkopf) oder als Spitze (rätorom. Piz, ital. Pizzo, Cima ) 1). Auch die bekanntesten Berggipfel der Hohen Tauern sind Karlinge wie der Großglockner. 2)

Breadcrump Trail

Bei der Erstbegehung einer Route haben die Steinzeichen einen einmaligen und besonderen Sinn:

  • Erstens zeigen sie den Rückweg an, sind also eine Art breadcrump trail und
  • zweitens ermöglichen sie es Andere nachzufolgen;
  • drittens ermöglichen sie es, im Notfall gefunden zu werden.

Expeditionsmarken

Bei vielen Expeditionen wurden systematisch Cairns (port. Padrões) angelegt, z.B. 1868 bei der deutschen Nordpol-Expedition:
„Um aber die allerschlimmsten Fälle vorzusehen, und im Fall eines Unglückes eine möglichst gute Spur der Expedition zu haben, sollen auf den sich nach Norden erstreckenden Küsten Ost-Grönlands oder überhaupt auf jeder zu berührenden Küste wiederholt Steinhaufen (Cairns) errichtet werden, die, wie bei den Englischen Expeditionen, in ihrem Innern schriftliche Nachricht von dem Gange und Stande der Expedition enthalten. Und zwar sollen diese Cairns an hervorragenden Punkten der Küste möglichst genau oder so nahe als möglich unter einem vollen Breiten- oder Längengrade errichtet werden, was ihre Auffindung ausserordentlich erleichtern würde.“ 3)

Anforderungsprofil

Steinsäulen (engl. piles of rock), Steinhaufen (engl. heap of stone, frz. tas de pierres), auch in Form von Pyramiden oder als gegeneinander gelehnte Steinplatten, sind als einfachste, älteste und beständigste Form des Wegzeichens (engl. road marker) oder Wegweisers (engl. signpost, frz. poteau indicateur) charakterisiert durch

  1. Beständigkeit, also ein großer Haufen oder
    1. eine standfeste Konstruktion mit
    2. ausgesuchten Steinen;
      1. Lentz, Thomas L.
        AMC Trail Adopter’s Handbook.
        47 S. Boston (9.A. 2007): Appalachian Mountain Club White Mountain Adopt-A-Trail Program. Online. S. 24-25: Eine Anleitung zum Bau eines Cairns.
  2. auffällige Sichtbarkeit, also
    1. eine vertikale Struktur durch Schichtung oder
    2. eine vertikale Komponente (Stab, Stele);
    3. Umrisse, die sich gegen Umgebung und Horizont abheben;
  3. einen exponierten Standort
    1. zur Fernorientierung an erhöhten oder vorspringenden Stellen im Gelände (z. B. Hügel), die vom Weg aus sichtbar sind;
    2. zur Nahorientierung an einem bedeutsamen Wegabschnitt wie etwa Gabelung, Kreuzung, Quelle, Furt, Anlandestelle, Pass;
  4. Informationsgehalt als Teil eines wegbegleitenden Systems zur Orientierung:
    1. Hier war schon jemand.
    2. Hier ist etwas (z.B. eine Abzweigung: Bivia und Trivia, Übergang).
    3. Hier geht der Weg weiter (Richtung) im Zusammenhang mit weiteren Wegzeichen.

Damit kennzeichnen sie den richtigen Weg, wenn es in der Landschaft keine natürlichen und eindeutigen Landmarken gibt, die durch erzählende Beschreibung weitergegeben werden könnten.
Sie bieten Orientierung und einen Schutz gegen das Verirren in der Wildnis.
Sie erleichtern die Wegfindung, wenn der felsige Untergrund keine Spuren erkennen lässt oder wenn es zu viele Spuren (etwa Tierpfade auf Almen) gibt oder wenn im Sand Pisten in alle Richtungen führen, aber auch wenn der Pfad bei Schnee auf Pässen oder im Nebel nicht weithin sichtbar ist.

Der Entstehungszusammenhang von Steinsetzungen

Der Zweck und die Umstände der Steinsetzung dürfte entscheidenden Einfluss auf deren Anordnung gehabt haben. Wer wandernd seine Route markieren will, minimiert den Zeitaufwand für den Bau und optimiert die Sichtbarkeit (Umgebungseinfluss).

Steinsetzungen lassen sich äußerlich nach Form und Struktur unterscheiden als:

  • Cairns (gälisch), ein Steinhaufen (engl. heap of stones);
    französisch Galgal, spanisch Montón de piedras
    • geworfen, also ungeordnet gehäuft,
    • gesetzt aus mindestens drei Steinen, weil zwei Steine auch zufällig angeordnet sein können,
    • anthropomorph gesetzt
      Inuksuk (Arktis).
  • Cromlech (walisisch), ein Steinkreis aus Menhiren, auch oval oder rechteckig;
    schwedisch stensättningar, niederländisch steenhopen
    • als »Spiegelei-Typ« mit Steinhaufen im Steinkreis
      »Galla Graves« (Somalia).
    • In den Nilgiri-Bergen [Tamil Nadu, Indien] … »Capt Congreve beschreibt sie so: Einige der Cairn's bestehen aus einer kreisförmigen Mauer 4 oder 5 Fuß hoch und 3 Fuß dick aus unbehauenen Steinen die lose übereinander gehäuft einen Cirkel von ungefähr 8 Fuß im Durchmesser bilden. Ich habe außerdem Doppelkreise von Steinen, den einen innerhalb des andern, von verschiednen Dimensionen bemerkt.« 4)
  • Menhir, eine steinerne Säule (auch: Stele, manchmal Grabstele).
    • monolithisch
    • gesetzt aus Quadern
    • Phallussymbol (→ Herme, Lingam)
  • Dolmen (aus bretonisch taol `Tisch´ & maen `Stein´, ein megalithisches und mehrteiliges Bauwerk als Kollektivgrabanlage (Riesensteingrab, Hünengrab).
    dänisch Dysse, Dyssenkammeret, schwedisch Dös, Dösar, Stendös, engl. chambered tomb, portugiesisch anta, mamra, katalanisch caxa, caixa, arca, niederländisch Hunebed.
    • Urs Schwegler
      Chronologie und Regionalität neolithischer Kollektivgräber in Europa und in der Schweiz.
      321 S. Lexikon S. 259–277, Bibliographie S. 279–302. Hochwald, Schweiz 2016: Librum
  • Laporte, Luc; Jean-Marc Large; Laurent Nespoulous (Hg.)
    Megaliths of the World.
    Oxford 2022: Archaeopress Publishing. Band 1 (S. 1–610) und 2 (S. 613-1428). 150 Autoren decken in 72 Beiträgen den Wissensstand über die weltweiten Funde von Megalithen ab. Vatolahy (Madagaskar) s. S. 1025 ff.

Steine werfen und Steine setzen

Solche Steinmännchen sind weltweit zu finden 5) ebenso wie der Brauch, Steine auf Steinhaufen und Grabstellen zu werfen 6). Für beides (Objekt und Brauch) werden in der Fachliteratur zwei spezifische Objektbegriffe (schottisch cairns und mongolisch obo) auch als Gattungsbegriff verwendet. Der technische Begriff der »sukzessiven Häufung« trifft nur auf das Steinewerfen zu. Eine widerspruchsfreie Terminologie ist nicht in Sicht. Steinmännchen gehören auch nicht zu den Megalithen. Diese sind definiert als Bauwerke aus großen Steinblöcken oder -säulen, die nur gemeinschaftlich erbaut werden können.

Steinsetzungen als Sachsystem

Aus technischer Sicht lassen sich Artefakte hinsichtlich ihrer Funktion (auch mit Mehrfachfunktionen) systematisieren, so lassen sich Steinsetzungen auffassen als:

  • Sachsystem (Stoff), etwa als
    • (Sicht-)schutzmauer für Jäger, Späher, Wächter
      Galed / Jegar-Sahaduta (Arab. Halbinsel), → Varða (Nordeuropa); → HOROΣ (Griechenland); →Chakrayuq (Südamerika)
    • Grabstein(haufen) als Schutz gegen Tiere,
    • Fundament,
    • Opferstein 7)
  • Sachsystem (Energie), etwa
    • Windschutz gegen Kälte,
    • Koch-/Feuerstelle für Wärme,
    • Hinweis auf ein unterirdisches »food cache« (z.B. bärensichere Lebensmittellager (bear cache) in Arktis und Subarktis 8) ).
  • Sachsystem (Information), etwa als
    • Kennzeichen für eine natürliche Besonderheit, z.B. Quelle, Furt, Angelplatz, Anlegestelle;
    • Grenzpunkt, also eine soziale Vereinbarung betreffend und damit ein Ort für
      • Verträge, die durch Eid und Schwur besiegelt werden:
        Gal (Arabische Halbinsel), → Weiße Steine
    • Briefkasten: Depot für Nachrichten
      • Am 6. Mai 1859 fand Leutnant Hobson als Teilnehmer der Suchexpedition von MacClintock auf Point Victory an der Nordwestküste von König-Williamsland unter einem Steinhaufen eine Blechbüchse mit einem Schriftstück der Franklin-Expedition: »Ihrer Majestät Schiffe ›Erebus‹ und ›Terror‹ überwinterten im Packeise am 28. Mai 1847 in 70°5' n. Br., 98°23' w. Gr. Überwinterten 1846-47 auf Beecheyinsel in 74°43'28„ n. Br., 91°39'15“ w. Gr., nachdem sie im Wellingtonkanal bis 77° hinaufgefahren und an der Westseite der Cornwallisinsel zurückgekehrt waren. Sir John Franklin kommandiert die Expedition. Alle wohl!«
      • »Gegen 10 pm kamen wir in die Nähe von Sutherland Island einer kleinen Insel etwas südlich vom Cap Alexander Es war totale Windstille eingetreten und da wir auf der Insel einen Cairn entdeckten bemannten wir ein Boot … erstiegen wir die Insel und fanden bald einen Steinhaufen in dessen Nähe wir nach einigem Suchen eine Thonflasche ausgruben, die ein Papier enthielt, welches durch Nässe sehr gelitten hatte … doch konnten wir die Unterschrift Hartstene USN lesen wussten somit, dass das Papier von der amerikanischen Kane Aufsuchungs Expedition Hartstene's aus dem Jahre 1855 herrühre. Wir verwahrten dasselbe vorsichtig und gingen daran mit grosser Mühe einen besser sichtbaren den Unbilden des Wetters wider stehenden Cairn zu errichten und ein Document beizulegen. … Indessen wurde der Stein Cairn beendet und wir mussten ruhig stehen um als Beigabe einer photographischen Aufnahme desselben durch Mr Grant zu dienen.« 9)
    • Messpunkt
    • Symbol mit besonderer Bedeutung sich entsprechend zu verhalten, etwa
      • das Auflegen von Steinen, Ästen u.a.m. als rituelle Handlung, also
        »Cairns, to which every passer-by adds a stone« 10), belegt etwa in
        • Europa: Oesel, Estland; St. Tredwels und Papa Westray, Orkney Islands; schottisches Hochland; Telemarken, Norwegen; Avestad, Schweden; 11)
        • Amerika: Bolivien (z.B. Puna), Guatemala, Kolumbien, Peru (z.B. Apachitas), Mexico (z.B. Tarahumares, Tepehuanes) 12)
        • Afrika: Südliches Afrika (z.B. Kaffer, Kei River), Basutoland, am Zambesi River, Ostafrika: Uganda, Nyassa-Tanganjika, Tansania (z.B. Wanyamwesi), Westafrika (z.B. Soku), Senegal, Kongo (z.B. Fan) 13)
        • Asien: asiatisches Russland, Indien, Korea, Burma, Bhutan, Tibet 14)
    • Grabmal mit besonderer Bedeutung (Stupa, Kurgan)
      • Johnson Neal
        Early Bronze Age Round Barrows of the Anglo-Welsh Border.
        Oxford UK 2017: BAR.
        Cairns und Barrows werden nicht nur als Grabdenkmäler betrachtet, sondern als Eingriffe in die Landschaft, die durch Manipulation der Natur bestimmten sozialen Anliegen eine artifizielle Form in der natürlichen Landschaft verleiht.
    • Mal als Gedenken oder Mahnung an ein zurückliegendes Ereignis (Schlacht, Sieg, Tod, Unglück, Verbrechen).
      • »heaps of sticks or stones on scenes of Murder« 15)
      • »Cairns near shrines of saints« 16)
      • Nach Königin Victoria 1852: »wo wir einen Cairn bauen sehen wollten, der, nachdem der alte niedergerissen worden, zur Erinnerung unsrer Besitzergreifung dieser geliebten Stätte errichtet werden sollte.« 17)
    • als Sündenbock (engl. Scapegoat) oder Stellvertreter, bei dem etwas abgelegt werden kann.
      • »transference of weariness (fatigue) to heaps of stones« 18): Nicaragua, Guatemala, Peruanische Anden sowie die lying heaps der Dayak in Batang Lupar, Borneo 19).
        Die Sündenbockfunktion ist für die Dayaks auf Borneo sehr schön beschrieben 20):
        Viele Reisende haben die Ehrlichkeit der Dayaks auf Borneo als außergewöhnlich betont. Dort erzählt man sich über die vielen Haufen am Wegesrand, dass jeder Haufen an einen Mann erinnere, der eine unglaubliche Lüge erzählt oder eine Verpflichtung nicht erfüllt hat. Jeder Vorübergehende nimmt einen Stock oder einen Stein, wirft ihn auf den Haufen und sagt dabei: Für den Lügenhaufen von diesem oder jenem. Das geht über Generationen so weiter, bis sie manchmal vergessen, wer die Lüge erzählt hat, aber trotzdem werfen sie weiter Steine.

Steinsetzungen als Teil von Organisationssystemen

Die Sachsysteme können Teil eines Organisationssystems (gewesen) sein und durch einen zielorientierten Handlungsablauf mit weiteren Artefakten verbunden (gewesen) sein, etwa als

  • Kette von Orientierungspunkten, die so zu Wegpunkten oder Wegweisern werden, indem sie eine Routeninformation für die Orientierung bereitstellen, also gab/gibt es einen entsprechenden Weg von X nach Y;
    → Alem (Sahara)
  • Warte, also ein geschützter Platz mit guter Aussicht für Wärter und Sichtachse zu weiteren Warten;
    → Varða (Nordeuropa) → Herma (Griechenland) → Gal (Arabische Halbinsel)
  • Grenzpunkt, also verbunden mit weiteren Grenzpunkten zu einer Linie, die etwas abgrenzt;
    → Horossteine (Griechenland)
  • Messpunkte, also verbunden mit weiteren Messpunkten einer Beobachtungseinrichtung, z.B. zum Anpeilen von Positionen (Sonne, Mond, Sterne) für astronomische Zwecke;
    → Namoratunga (Ostafrika)
  • funktionale Orte in der Landschaft für die gemeinschaftliche Jagd, für Treiber, Schützen, Späher;
  • Ort kultischer Handlungen (z.B. Opfer)
    → Khalwa (Sahara, Sahel) → Hörgr, Öfferröse (Nordeuropa), Gurci (Nordpolarmeer)
    • »offering at cairns« 21): Bhutan, Bolivien, Guatemala, Peruanische Anden, Schweden
    • »Prayers to the sun: at cairns or heaps of sticks or leaves« 22)

Der Informationsgehalt von Steinsetzungen

Steinsetzungen am Weg sind primär Orientierungspunkte in einer Wildnis. Hat sich der Weg wahrnehmbar und eindeutig etabliert, werden sie (meist) überflüssig. An nicht eindeutigen Stellen ( Abzweigungen, Kreuzungen, Richtungsänderungen) bleiben sie funktional.

Über einen zusätzlichen Informationsgehalt können sie nun auch Teil anderer Organisationssysteme oder gar formal institutionalisiert werden, mit charakteristischen Merkmalen als:

  • Meilenstein mit Streckeninformation,
  • Flurkreuz mit Hinweis auf Gewanngrenzen,
  • Bildstock mit Herrschaftszeichen oder Schutzgottheit (Heiligenhäuschen)
  • Phallussymbol als Hinweis auf den schützenden Reisegott:
    Herme, Lingam, Jizo
  • spirituelles Zeichen (Wegekreuz, Stupa, Hermes- oder Merkurkopf mit Flügeln …) als Hinweis auf rituelle Regeln;
  • weißer Stein mit Machtanspruch auf einen Herrschaftsbereich,
  • Malstein mit Hinweis auf den Ort von Rechtsprechung,
  • Grabstein mit Hinweise auf den Toten.

An manchen Steinsetzungen werden die Beschützer der Wege geehrt und angerufen:

  • der acervus mercurii 23)
    • »sicut qui mittit lapidem in acervum Mercurii ita qui tribuit insipienti honorem«
      (Altes Testament, Sprichwörter 26,8)
    • Hofmann, Konrad
      Über Jourdain de Blaivies, Apollonius von Tyrus, Salomon und Marcolf.
      Sitzungsberichte der Philosophisch-Philologischen und der Historischen Classe der K.B. Akademie der Wissenschaften zu München 6. Mai 1871, S. 416-462, hier 425-433 ausführlich zu zum acervus Mercurii, aus dem Luther einen Rabenstein machte und der problematischen Übersetzung aus dem Hebräischen »Οψενδόνη« (Einzelbeleg - vielleicht verlesen aus Ο ψευδόνη?). Online.
  • der Steinhaufen des römischen Merkur
  • die Hermes-Steine der griechischen Antike
  • die Phallus-Steine des Jizō (Japan)
  • der Lingam im Hinduismus
  • die Steine des Kielu Dziewos (Litauen)
  • Stringer, Peggy C.
    An intimate exploration of rock stacking as a sacred art form evoking the numinous experience.
    X, 261 S. PhD. Ann Arbor, MI 2003: UMI.

Symbolisches Handeln

Der Informationsgehalt des geworfenen Haufens

Der Steinhaufen als Orientierungspunkt ist ein Ding, das Information speichert, also ein Werkzeug, das seine Funktion auch noch wahrnimmt, nachdem der Erbauer fort ist. Damit übernimmt es stellvertretend eine Aufgabe für den Menschen.
Der Erbauer als erster Begeher einer Route ist ein Suchender und setzt die ersten Steinhaufen mit dem Ziel,

  1. den Rückweg wiederzufinden, weil er nicht weiß, wohin er gelangt;
  2. Nachfolgenden anzuzeigen, wohin er gegangen ist.

In diesem Entstehungszusammenhang muss der Anfangshaufen bei minimalem Aufwand so gebaut sein, dass er aus der Ferne kommend aus beiden Richtungen gesehen werden kann. Dafür mögen drei Steine genügen oder dreißig oder dreihundert.
Für alle Nachfolgenden sind die Steinhaufen nurmehr das Mittel an dasselbe Ziel zu gelangen (Verwendungszusammenhang). Jeder ab jetzt geworfene Stein ist nicht mehr funktional, sondern symbolisch. Der geworfene Haufen ist nie fertig, sondern immerfort wachsend durch die unentwegte Teilhabe aller, die ihn passieren. Er wächst jedoch nur, wenn bestimmte Grundregeln eingehalten werden:

  1. Jeder trägt etwas dazu bei, indem er einen Stein auflegt. Es nicht zu tun, bringt Unglück.
  2. Jeder darf nur einen Stein auflegen, so dass alle im selben Maße beitragen.

Diese schlichten Steinhaufen werden dadurch über ihre Funktion als Landmarke hinaus mit Bedeutung aufgeladen, haben also innere Bewegung ausgelöst, etwa:

  • sie zu finden, mindert die Einsamkeit des Wanderers in der Wildnis, denn es waren schon Menschen an diesem Ort, also enthält der Steinhaufen etwa Menschliches;
  • sie zu sehen wirkt erleichternd und nimmt eine Last von der Seele, etwa die Sorge sich zu verirren;
    • altgr. άχθος öxoos bedeutet Last, Sorge, Haufen, Grab und ist eine Metapher für Unangenehmes;
  • der Steinhaufen wirkt beruhigend, weil jeder Stein das Wissen derjenigen bestätigt und speichert, die bereits hier waren, verlangt also Respekt vor dem angesammelten Wissen der Ahnen;
  • jeder Stein des Haufens enthält die Botschaft »Ich war hier!« und einen Stein hinzuzulegen bereichert durch das Gefühl der Zugehörigkeit: der Einzelne wird Teil der Anderen: alle gehen dieselben Wege;
  • etwas zurückzulassen verbindet den Wanderer mit der Landschaft;
    • Rituell praktiziert erscheint dies als Speise- oder Trankopfer, etwa wenn im tibetischen Raum etwas Tsampa auf dem Pass niedergelegt oder in die Luft geworfen wird. Damit wird das Wegzeichen zum Altar, wie dies auch die Gebetsfahnen auf den tibetischen und mongolischen Pässen ausdrücken.
    • In Tirol heißt dies dem »Bergfräulein opfern« 24).
  • der Orientierungshilfe zu folgen, ist ein Akt des Glaubens.

Wanderer, die beim Passieren einen Stein hinzulegen oder einen Stock hineinstecken, handeln sowohl rational als auch symbolisch. Sie helfen damit anderen und sie bedanken sich. Diese Phänomene - Steine setzen und werfen - scheinen bislang nur anekdotisch beschreibend behandelt worden zu sein. Manche Beobachtungen wiederholen sich und bieten Ansätze für ein mögliches Muster:

  • Dieser Ritus findet sich nie innerhalb von Ortschaften sondern immer entlang der Wege (Hellwege, Rennwege) und an exponierten Geländestellen außerhalb 25).
    Zwischenraum, Übergang, Wildnis
  • Es wird etwas gegeben, doch kommt es weder auf die Menge an, noch auf die Art des Gegenstandes. Neben den dauerhaften Steinen können das Knochen, Äste, Laub, oder einfach nur Staub sein.
    Erde, Weltbild
  • Es bringt Glück, dem Haufen etwas hinzuzufügen, und Unglück, das nicht zu tun.
  • Der Ritus am Steinhaufen kann heilen, man kann Müdigkeit, Kummer und Leiden dort lassen.
  • Niemand wird angebetet, aber es wird um etwas gebeten.
  • Der Haufen gilt als Zeuge.
  • Der Haufen ist kein Grab, wird aber oft als solches bezeichnet.
  • Die Figur des Trickster ist wiederholt mit Steinhaufen verbunden; der Name des Hermes rührt daher.
    Reisegötter
  • Die Steinhaufen und die Steinriten sind oft verbunden mit der Vorstellung der Totenruhe. Im deutschsprachigen Raum erscheint der `Tote Mann´ als Flurname in allen Regionen.

Steinhaufen gelten in vielen Kulturen als obskur. Das mag daran liegen, dass sich ein Haufen nicht definieren lässt (Sorites-Paradoxon). Beim ersten Stein ist der Haufen nur in der Vorstellung enthalten. Die Handlung enthält dagegen immer das Aneignen (acquisitio) des Steins und das Teilen (divisio) mit den anderen auf dem Haufen.

Letztlich enthalten sie eine grundlegendere Bedeutung als als Steinsetzungen. Jede geregelte Setzung setzt Regeln voraus (von wem?), kommt an ein Ende (auch der Teilhabe), wird fertig zu einem bestimmten Zweck. Diesem Zweck unterwerfen sich alle Späteren. Insbesondere einen Grenzstein oder einen Altar zu bewerfen, hieße ja ihn zu missachten. Hier liegen die Ursprünge des »Rechts« (gr. nomós < nemein: nehmen und teilen), weil der Haufen den Raum teilt, aber gemeinschaftlich bleibt und nicht in Dein und Mein geteilt zerfällt. Die Handlung, den Stein auf den Haufen zu werfen, ist ein Versprechen, sich an die Regeln zu halten und damit als »Versprechen die entscheidende moralisch-politische Handlung in der unabsehbaren Welt menschlicher Angelegenheiten …« 26).

Literatur

  • Alexandre Chollier
    La pierre et le cairn. Réflexions sur le lieu et le monde.
    Communications, 87.2 (2010) 137-141.
  • Alexandre Gillet
    Le cairn et l'espace ouvert : géographie, géopoétique, géographicité.
    Diss. bei Bertrand Lévy und Claude Raffestin. 474 S. Genève 2008: Université de Genève Faculté des sciences économiques et sociales. DOI
  • Philippe Hameau
    Erecting cairns is it enough to talk about dry stone? Reconciling practice, performance and symbolism.
    XVII International Congress on Dry Stone. ‘’Dry stone perspectives: challenges after the UNESCO inscription’’ Cavtat, Croatia, October 1-2 2021. Online
  • Werner Nohl
    Über die Rezeption der Eigenart.
    Berichte der ANL 21 (1997) 25-37. Online
    Reflexion über landschaftliche Eigenart (landscape character)

Etymologie

Ägyptisches krkr ist ein semitisches Lehnwort 27) für `Steinhaufen´.

  • Francesco Perono Cacciafoco
    Continuity in European Toponomastics: the (Pre-)Indo-European *kar- / *kal- Root in the Pre-Latin Ligurian Toponymy.
    Annals of the University of Craiova: Series Philology, Linguistics XXXVII.1-2 (2015) 121-138
    Der Autor beschäftigt sich auch mit der eigenartigen Verdoppelung (Reduplikation) der Wurzel *kar- im italienischen (ligurischen) Ortsnamen Carcare < Carcaris.
  • Deutsches Wörterbuch (Jacob Grimm und Wilhelm Grimm): kar
    »aber das alpenwort, das auch in vielen namen von bergen, gletschern und bergtheilen daselbst auftritt, wie Karwendel, Gamskârkogel, Kârwant, Tischlkâr, Eiskâr, greift weiter in die vorzeit.
    In den Schweizer alpen ist kar oder karre f. verschiedentlich kahler fels, oder groszes felsstück in einem brachboden, oder eine strecke voll klippen mit etwas grün dazwischen, s. Stalder 2, 87; davon karrenfeld, karrenfläche Rochholz Schweizersagen 1, 358.
    Schmeller erinnert an ags. car, carr fels, und schott. corrie (demin.), feuchte vertiefung zwischen höhen, mit guter weide, also dem bair. demin. ganz entsprechend.
    Stalder bringt auszer semitischen, asiatischen ähnlichkeiten kelt. und nord. wörter zur vergleichung; kelt. ist car fels, gewöhnlich carreg, carraig, crag u. a. (vgl. Diez 603 zu dem provenz. crau), gael. ir. càrn steinhaufe als leichenhügel, denkmal, càrnanaich hochländer, gebirgsbewohner, u. a.; schott. cairn steinhaufe, kairs pl. felsen mit öffnung hindurch, nordengl. carrock steinhaufe als grenzmark.
    aber engl. dial. car ist, dem /Bd. 11, Sp. 205/ bair. kar näher tretend, niederung, marschgrund, auch erlengrund u. ä. Halliwell 231b, und das ist wol auch in der Karrharde an der westküste Schleswigs (mit einem orte Karlum) enthalten, vgl. den namen Karmarsch. schott. ist kair sumpf, ebenso isl. ker, dän. kär, kjär, norw. kjerr, schw. kärr. merkwürdig noch schwäb. kareisig steinig, felsig, kareisiger boden Schmid 305.
    bei Rietz 310b schw. kart m. stein, und steinhaufe als ackergrenzzeichen. vgl. auch nord. skär, sker fels.
    das grelle auseinandergehen der bedeutungen in fels und niederung, stein und sumpf widerspricht nicht notwendig der urspr. einheit des offenbar uralten europ. wortes«
  • Hubschmid, Johannes
    Die Stämme *kar(r )- und *kurr- im Iberoromanischen, Baskischen und Inselkeltischen.
    Romance Philology 13.1 (1959) 31–49. Online.
    zu hörgr S.40 cf 12;
    zu currick S. 47
  • Hummel, S.
    Some remarks on the Ural-Altaic substrate in Old Canary and Etruscan languages as a contribution to linguistic neolithic anthropology in Eurasia and North Africa.
    Gegenbaurs morphologisches Jahrbuch 134 (1988) 53–57 mit Belegstellen zum Steinhaufen und den Wurzeln gl(gr) `rund´ und kr `spitz´.
  • Eisler, Robert
    Zur Bedeutung von „Ṣion“.
    Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums 73.7/8 (=NF 37) (1929) 320–25. Online
    Anhand zahlreicher Textbelege aus der Bibel werden Zusammenhänge von hebräisch (sion) und arabisch (zuia) erörtert und gedeutet als Analogien zu cairns, hermaia, für weiße Steine als Zeichen für Gräber, als Wegweiser in der Wüste, als Malstein;
    abgeleitet von der Wurzel `aufstellen´ (gr. stele);
    Hinweis auf galilim `Steinkreis´, gelalim `Steinhaufen´, gillulim `Götze´;
    Hinweis auf kerkur und rejem in Fußnote 3, S. 323;
    Hinweis auf die altägyptische Hieroglyphe für Steinhaufen, mit Stock und Tuch u.a.m.
  • Manfred Hutter
    Kultstelen und Baityloi. Die Ausstrahlung eines syrischen religiösen Phänomens nach Kleinasien und Israel.
    S. 87–106 in: Janowski, Bernd ; Koch, Klaus ; Wilhelm, Gernot (Hg.): Religionsgeschichtliche Beziehungen zwischen Kleinasien, Nordsyrien und dem Alten Testament: Internationales Symposion Hamburg 17.–21. März 1990. Freiburg/ Göttingen 1993: Universitätsverlag / Vandenhoeck Ruprecht DOI
    Bezeichnungen für Kultstelen/Baityloi (keine Grabstelen) sind verbunden mit kultischen Handlungen, dienen als Zeuge, können Vertragsstelen sein:
    • syrisch: sikkanum
    • hethitisch: na4 ZI.KIN = na4 huwasi
    • hieroglyphen-luwischen: waniza
    • im Alten Testament: Masseben

Kulturenübergreifend

  • Andree, Richard
    Die Steinhaufen. Eine ethnographische Musterung
    In: Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde Braunschweig 27 (1875) 183 (Teil 1), 199 (Teil 2)
  • Ferguson, James
    Rude Stone Monuments in All Countries: Their Age and Uses
    559 S. John Murray London 1872
  • Fitzhugh, William W.
    Mongolien Deer Stones, European Menhirs, and Canadian Arctic Inuksuit.
    Collective Memory and the Funktion of Northern Monument Tradition.
    In: Journal of Archaeological Method and Theory 24.1 (2017) 149–187
  • Haberland, Karl
    Über die Sitte des Steinwerfens und der Bildung von Steinhaufen
    in: Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft 12 (1890) 289-309
  • Inman, Thomas
    On Ancient Pillar Stones and Cairns Their Antiquity the Extent of Country Over Which Their Use Extended and Their Signification.
    Being an Essay read at the Liverpool Literary & Philosophical Society. V, 32 S. Liverpool 1867: Adam Holden. 50 Abbildungen auf Tafeln Online
  • Olstad, Tyra A.
    Cairns: An Invitation.
    Focus On Geography; New York 62 (2019) 1. Online
  • Marshall Sahlins
    The New Science of the Enchanted Universe. An Anthropology of Most of Humanity.
    208 S. Princeton University Press, Princeton 2022.
    Rezension von Heike Behrend: Den Geistern zu ihrem Recht verhelfen. FAZ 27.08.2022
  • Martin Scharfe
    Berg-Sucht. Eine Kulturgeschichte des frühen Alpinismus 1750-1850.
    382 S. Wien 2007: Böhlau. Inhalt, z.B. die Abschnitte Orientierung 2.2. Steinmann 5.2
  • Williams, David B.
    Cairns. Messengers in stone.
    158 S. Seattle 2012: Mountaineer Books.

In der Bronzezeit (Northamptonshire)

  • Harding, Jan, Frances Healy, Aidan Allen
    A neolithic bronze age landscape in Northamptonshire.
    XVIII, 324 S. Swindon 2007: English Heritage. Inhalt u.a.:
    3. The development of the monuments [mounds, cairns]
    4. Ceremonial practice and mortuary ritual
    5. Raunds in the region [Zeitraum 5.000 BC bis 1.000 BC]

In der römischen Antike

  • Laurence, Ray
    Milestones, Communications, and Political Stability.
    In: Linda Ellis und Frank L. Kidner (Hg.)
    Travel, Communication and Geography in Late Antiquity. Sacred and Profane. 2017: Taylor and Francis Ltd., S. 38–49.
  • Kolb, Anne
    Meilensteine. Stand der Forschung und Probleme.
    In: Regula Frei-Stolba (Hg.): Siedlung und Verkehr im Römischen Reich. Römerstraßen zwischen Herrschaftssicherung und Landschaftsprägung. Akten des Kolloquiums zu Ehren von Prof. H. E. Herzig vom 28. und 29. Juni 2001 in Bern. Unter Mitarbeit von Heinz Herzig. Bern 2004: Lang, S. 135–156.

Im deutschsprachigen Raum (Mittelalter)

  • Andree-Eysn, Marie
    Hag und Zaun im Herzogthum Salzburg.
    Abgedruckt aus dem Aufsatze des Fräulein Marie Eysn im Hefte 11 u. 12 ex 1898 der „Zeitschrift für österreichische Volkskunde“ Herausgegeben vom Executiv-Comité für die österreichische landwirtschaftliche Collectiv-Ausstellung in Paris 1900. Wien: Aus der k.k. Hof- u. Staatsdruckerei.
  • Ankert, Heinrich
    Stein- und Reisighäufungen im nördlichen Böhmen.
    in: Zeitschrift für Österreichische Volkskunde, 7 (1901) 22
  • Azzola, Friedrich Karl
    Zur Nomenklatur der steinernen Flurdenkmäler und frühen Grabsteinformen.
    In: Das Steinkreuz 21 (1965) 14–16.
  • Bächtold-Sträubli, Hanns, Eduard Hoffmann-Krayer
    Steinhaufen, Steinopfer, Steinwerfen.
    S. 406-413 in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Band 8. Berlin 1937: De Gruyter
  • Richard Henninger
    Sichere Grenzen schaffen Frieden – über die Entwicklung und das Wesen der Siebenerei.
    In: ZFV Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement, Heft 4 (2011) 233–238
  • Hentschel, Karl-Heinz
    Grenzzeichen, Untergänger und „Geheime Zeugen“: von ägyptischen Feldmessern bis zu den „Siebenern“.
    In: Hierzuland 3. 1 (1988) 34-45
    `Siebener´ sind als Feldgeschworene seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar. Es sind Hüter von Grundstücks- und Gemarkungsgrenzen, die Grenzsteine setzen und versetzen dürfen.
  • Hentschel, Karl-Heinz
    Von Geleitsteinen und heilsamen Dreimärkern.
    In: Weingartener Heimatblätter 3 (1986) 15-19
  • Hermsdorf, Horst, Yves Hoffmann
    Über das Setzen von Steinkreuzen.
    Zum Neufund eines mittelalterlichen Steinkreuzes in Naundorf bei Freiberg.

    Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 100 (2007) 45-58.
  • Iggensen, Jochen
    Steinkreuze im Kreise Hagenow.
    In: Informationen des Bezirksarbeitskreises für Ur- und Frühgeschichte Schwerin 12 (1972) 39-42
  • Rainer Leng
    Grenzen, Steine, Sechsersprüche.
    Die dörfliche Rechtspraxis im Spiegel des Frammersbacher Sechserbuches.
    Königshausen und Neumann, Würzburg 2017
  • Liebrecht, Felix
    Die geworfenen Steine
    in: Germania. Vierteljahrsschrift für deutsche Alterthumskunde 22 (1877) 21-33
  • Nostiz, Anton
    Die Kreuze am Wege.
    in: Lausizische Monatsschrift, 12 (1796) S. 325-327, 328-329
  • Schneider, Wilhelm
    Die Erpfinger Höhle - ein vor- und frühgeschichtlicher Opferplatz.
    75 S. Tübingen 1999: Selbstverlag.
    Kapitel: Das Weiterleben eines alten Kultes: Das Opfern von Steinen

Der Tote Mann

  • Beschorner, Hans
    Tote Männer und verwandte Flurnamen in Sachsen.
    in: Sächsischer Flurnamensammler, 9 (1936) 9-16; 10 (1936) 17-23
  • Busch, Emil
    Steinerne Sühnekreuze und der todte Mann.
    in: Mittheilungen der Niederlausitzer Gesellschaft, Band 6.1 (1899) 37
  • Christmann, Ernst
    „Am toten Mann“ - „Totenkopf“ - „Rennpfad“ oder „-weg“. Zugleich ein Beitrag zur Römerstraßenforschung.
    In: Pfälzer Heimat 6 (1955) 23-28 Online
  • Dornseiff, Franz
    Der deutsche Wortschatz: Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen.
    Berlin 1970: De Gruyter. S. 211:
    Namen der Stein- und Reisighaufen als Totenmale.
  • Marie Eysn
    Reisichthäufung in Nieder-Österreich.
    Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 8 (1898) 544-456.
    Mit Quellen zur Reisichthäufung über `Toten´ als Beleg der weltweiten Verbreitung: Andree, Ethnograph. Parallelen, 46—88. Liebrecht, Zur Volkskunde, S. 267ff. K. Weinhold: Altnordisches Leben. 474 ff. Krauss, Mitteil. d. Wiener AnthropoL Gesellschaft 1885. Verhandl. d. Ber. anthrop. Gesellschaft 1894, S. 254. Ztschr. f. Ethnol. 1888, S. 288. 1893, S. 282. Zeitschr. f. Völkerpsychol. XII, 239. 309. Zeitschr. f. österr. Volksk. I, 296. III, 3. Urquell I, 121. IV, 15. 53. 173. V, 235. VI, 220. Schwally: Leben nach dem Tode nach den Vorstellungen des Judentums, S. 52 f. Priklonski/Krauss: Schamanentum der Jakuten 1887. 0. Baumann: Durch Massailand zur Nilquelle, 207.
  • E. Grohne
    Der tote Mann.
    Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 1 (1923) 73 ff.
  • Haupt
    Der „Todte Mann“ und der „Todte Junge“.
    in: Schlesische Provinzblätter Breslau, Neue Folge, 6 (1867) 475-476
  • Hentschel, Karl-Heinz
    Der Ettlinger „Tote Mann“ aus neuer Sicht.
    In: Hierzuland 9.18 (1994) 48-59
  • Herr, Oskar
    Steine am Wege. Die Zeugen mittelalterlichen Rechts in der Preussischen Oberlausitz.
    15 S. 1 Kt., 102 Originalaufnamen, 31 Tafeln. Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz [Museum] 1929.
    Flurnamen: Der tote Junge, Totenmannsweg, Totenmannshau
  • Hoffmann-Krayer, Eduard
    Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Band 8 Silber - Vulkan. 2021
    S. 413 mit Verweis auf Grohne. Der Flurname „Toter Mann“ ist mit den Steinhaufen verbunden.
  • Lamprecht, Otto
    Der tote Mann.
    in: Blätter für Heimatkunde (Graz), 5 (1927) 12-16
  • Rothe, Manfred
    Vom „Toten Mann“ bei Bergheide.
    in: Finsterwalder Heimatkalender, 30 (2003) 41-43
  • Schmauks, Dagmar
    Der tote Mensch als Zeichen.
    Zeitschrift für Semiotik 27.4 (2005) [321]-509
  • Schmidt, Rudolf
    Der „Tote Mann“ in brandenburgischen Landen.
    Das Kleindenkmal 7 (1983) 2
  • W. von Schulenburg u.a.
    Landeskunde der Provinz Brandenburg.
    Berlin 1912: Reimer. Bd. 3, S. 260
  • Fr. Sieber
    Der „Tote Mann“ in den beiden Lausitzer und den Nachbarlandschaften.
    Abhandlungen und Berichte der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz, zugl. Geschichtsverein für Bautzen und Umgebung 8 (1930) 33-49 Online
  • Winter, Reinhold
    Der Tote Mann, eine Urform der Totenpflege.
    in: Niederlausitzer Mitteilungen 18 (1927) 196-203

Weißer Stein (albus lapis)

  • »ich leiste einen Eid bei jenem geweihten weißen Steine, daß ich mit Dietmars Sohn nichts zu schaffen hatte«
    Gudrubs Schwur im dritten Lied der älteren Edda, zitiert nach: Johannes Baptista Friedreich: Die Symbolik und Mythologie der Natur. Würzburg 1859 S.122
  • Skirados … bei Delphoi, der Skiras `Gipsfelsen´ bezeichnet öfter Athenaheiligtümer an Trauerfelsen, kennzeichnet den Zugang in die Unterwelt, Athena skiras ist die weiße, harte Göttin … weißer Stein kennzeichnet Grenzen außerhalb der Polis, etwa Weideland 28); Scheria »im äußeren Meer« (Homer Odyssee 5, 440 ff) > Kerkyra > Korfu
  • »Quer über den Stein geht die Grenzlinie [Kirchspiel Koprina, Grenze Russland-Schweden]. Die Bauern nennen diesen Stein Walkia kiwi, der weisse Stein, obgleich er grau von Farbe ist.«
    S. 97 in: Peter von Köppen
    Erklärender Text zu der ethnographischen Karte des St. Petersburger Gouvernements.
    Commissionäre der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg 1867
  • Klüber, Johann Salomon
    Instruction für verpflichtete Landesschieder, Grenzsteinsetzer, Marker, Feldgeschworne, Feldsteupler, Feldschieder, Siebener, Umgänger oder Untergänger.
    Erlangen 1838
  • Oettinger, Johann
    Tractatus de iure et controversis limitum ac finibus regundis, oder gründlicher Bericht von den Gräntzen und Marcksteinen.
    Ulm 1642
  • Philippi, Nikolaus
    Grenzsteine in Deutschland.
    Entstehung und Geschichte der Grenzsteine als
    Steinere Zeugen in Wald und Flur.
    Bad Langensalza 2009

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1)
Steiner, Thaddäus
Bildhafte Bergnamen.
Namenkundliche Informationen 99/100 (2011) 145-151. Online
2)
Karlinge (so auch polnisch, russisch, ukrainisch) zeigen auf mindestens zwei Seiten Karen auf, kesselförmige Mulden an Berghängen mit flachem Boden und steiler Rückwand, die durch das Fließen der Gletscher entstanden. Die Erosion an den Flanken erzeugt einen steilen Gipfel mit scharfen Graten. Ragen diese Felsspitzen ringsum aus dem Eisstrom, nennt man sie Nunatak.
3)
Petermann, A.
Die Deutsche Nordpol-Expedition. Gotha 1868: Perthes, S. 11
4)
S. 344 Fn 104 zu S. 283 mit Verweis auf The Madras Journal of Literature and Science Jan–June 1847.
Karl Graul
Reise nach Ostindien über Palästina und Egypten von Juli 1849 bis April 1853.
Dritter Theil: Die Westküste Ostindiens. Leipzig 1854: Dörffling und Franke.
5)
Ferguson 1872
6)
Liebrecht 1879, S. 276; Zur Volkskunde Heilbronn 1879; Haberland 1890
7)
Harold Marcus Wiener
The Altars of the Old Testament.
34 S. Leipzig 1927: Hinrich (=Orientalistische Literaturzeitung, Beigabe.
Unterscheidet cairn altar und horn altar: Bei ersterem wird das Opfer auf dem Altar geschlachtet, beim anderen in der Nähe.
8)
»Inuksuit used to mark a food cache likely to be visited in winter« in: Hallendy, Norman: Tukiliit. → Inuksuk; Haar, Frank J. Vonder
This Alaska Food Cache Meant Death Instead of Survival.
Journal of Environmental Health, 34.6 (1972) 594–96. JSTOR
9)
S. 35 in: Ritter von Becker, A.
Arktische Reise der englischen Yacht Pandora im Jahre 1876, unter Commando des Capitain Sir Allen Young.
Wien 1878: C. Gerold's Sohn
10)
IX.9 ff in: James George Frazer: The Golden Bough Bd. IX: The Scapegoat. London 1913
11)
a.a.O: Oesel, Estland: heaps of sticks or stones in, IX. 14 ;
Papa Westray, one of the Orkney Islands, cairn to which people add stones in, IX. 29;
Highlands of Scotland, custom of throwing stones on cairns in the, IX. 20 sq;
Tellemarken in Norway, cairns to which passers-by add stones in, IX. 14;
St. Tredwels, Orkney Islands, heap of stones to which each comer adds at, IX, 29;
Avestad, in Sweden, heaps of sticks and stones on graves at, IX. 20 sq.;
Schweden: heaps of stones or sticks to which passers-by add in, IX. 14;
12)
a.a.O: Bolivien: heaps of stones or sticks in, IX.12;
In den kolumbianischen Anden: »which passing Indians add stones« IX.9-10;
Puna Indians add stones to cairns in the Andes, IX.9;
Apachitas heaps of stones in Peru, IX.9;
Mexiko: heaps of stones and sticks to which passers-by add, in, IX.10;
Tarahumares of Mexico: their custom of adding sticks or stones to heaps, IX.10;
Tepehuanes of Mexico: their custom of adding sticks or stones to heaps, IX.10;
Guatemala, their offerings at cairns, IX.26;
Nicaragua: their transference of weariness to heaps of stones, IX.9;
Guatemala: their transference of fatigue to heaps of stones, IX.10;
Peruanische Anden transfer weariness to heaps of stones, IX.9;
Bolivien: Indians of, their offerings at cairns, IX. 26 sq.;
Peruanische Anden their offerings at cairns, IX.27
13)
a.a.O.: Basutos in Basutoland »their custom of placing stones on cairns IX,30;
Senegal, custom of throwing stones on cairns, IX.30;
Soku, West Africa, cut hair buried in cairns at, iii. 274 sq.;
Südliches Afrika: heaps of sticks or stones to \\hich passers-by add, in, IX.11;
Kaffer: their custom of adding stones to heaps, IX. n ; their prayers at cairns, IX.30;
Uganda: on heaps of sticks or stones to which passers-by add, IX.11 n.1;
Fan, Kongo: throwing branches on heaps in the, IX.30 n.2;
Kei River, Südafrika: heaps of stones on the banks of the IX, 11;
Nyassa-Tanganjika: custom of carriers to deposit stones on heaps in the IX,10 sq.;
Wanyamwesi, Zentralafrika: their practice of adding to heaps of sticks or stones, IX.11 n.1;
Zambesi, the River,: ; heaps of sticks and stones to which passers-by add on the, IX.11;
Bhutan, »offering on Cairns« IX.12,26
14)
a.a.O.: Bilaspur/Bilaspore »cairns to which passers-by add stones IX.27 n.4;
Burma: heaps of stones or sticks in, IX.12;
Cairns in Corea to which each passer-by adds a stone in, IX.11 n.5;
Kalmücken: heaps of sticks or stones on graves IX.20 sq.
15)
IX.15,20 in: James George Frazer: The Golden Bough Bd. IX: The Scapegoat. London 1913
16)
IX.21 in: James George Frazer: The Golden Bough Bd. IX: The Scapegoat. London 1913
17)
ausführlich beschrieben S. 94–95 in: Victoria, Great Britain Queen
Blätter aus dem Tagebuche Ihrer Majestät der Königin Victoria während des Aufenthaltes der Königlichen Familie in den Hochlanden von 1848 bis 1861.
XIV, 219 S. Wiesbaden 1868: Vieweg+Teubner. Online
18)
IX.9-10 in: James George Frazer: The Golden Bough Bd. IX: The Scapegoat. London 1913
19)
a.a.O. IX.14
20)
H. Clay Trumbull
A Lie Never Justifiable.
Philadelphia 1893: J.D. Wattles & Co: »Carl Bock, like other travelers,testifies to the unvarying truthfulness of the Dyaks in Borneo,[Head Hunters of Borneo, p. 209. See also Boyle, cited in Spencer's _Cycl. of Descrip. Social_., III., 35.] and another observant traveler tells of the disgrace that attaches to a lie in that land, as shown by the „lying heaps“ of sticks or stones along the roadside here and there. „Each heap is in remembrance of some man who has told a stupendous lie, or failed in carrying out an engagement; and every passer-by takes a stick or a stone to add to the accumulation, saying at the time he does it, 'For So-and-so's lying heap.' It goes on for generations, until they sometimes forget who it was that told the lie, but, notwithstanding that, they continue throwing the stones.“[St. John's Life in the Forests of the Far East, I., 88f.] What a blocking of the paths of civilization there would be if a „lying heap“ were piled up wherever a lie had been told, or a promise had been broken, by a child of civilization!«
21)
IX.26 ff. in: James George Frazer: The Golden Bough Bd. IX: The Scapegoat. London 1913
22)
IX.26, 28, 29f. in: James George Frazer: The Golden Bough Bd. IX: The Scapegoat. London 1913
23)
Joh. Cunradi Dieterici
Antiquitates Biblicæ, in quibus decreta, prophetiæ, sermones, consuetudines
Sumptibus Jacobi Godofredi Seyler, 1671, S. 513 f.
24)
Zingerle 1871
25)
Vajda 1999; Curtius 1902
26)
Anna Jurkevics
Hannah Arendt liest Carl Schmitts Der Nomos der Erde. Ein Dialog über Gesetz und Geopolitik anhand ihrer Marginalien. in: hannaharendt.net 8, 1, S. 5-26. April 2016 Online, der englische Originaltext in: European Journal of Political Theory 16.7 (2017) 345–366
27)
Lemma-Nummer 165140, BBAW - Altägyptisches Wörterbuch
28)
s. auch Apollon Lithesios, der Hafen Gortyn Lebena 'weisser Stein'. S. 181 in: Handbuch der klassischen Altertums-Wissenschaft in systematischer Darstellung: mit besonderer Rücksicht auf Geschichte und Methodik der einzelnen Disziplinen. Beck, 1906; S. 125 ff in: Geburt und Hochzeit des Kriegers: Geschlechterdifferenz und Initiation in Mythos und Ritual der griechischen Polis, Walter de Gruyter, 2000.
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