Schaaf, Ludwig
Encyclopädie der klassischen Alterthumskunde. 5 Bde. Magdeburg, 1837-1839. S. 21
Siehe auch Reisebilder und die Liste der Reisemetaphern
Im Gilgamesch-Epos, der ältesten Dichtung der Menschheit, besteht der Held insbesondere den Kampf gegen die Natur. Sein Ziel ist es, alle Weltgegenden zu durchqueren, nach dem Leben suchend dort, wo noch nie ein Mensch gegangen ist. Weil er dabei in immer neue Räume vordringt, muss er Pässe über Berge öffnen, Brunnen graben, die Eingänge des Waldes finden, den Ozean überqueren.
Bönisch-Brednich, Brigitte
Rolf Wilhelm Brednich
, Heinz Schmitt
(Hg.)Gregorius, Adolf
Wöste
. Ein Beitrag zur Ortsnamenkunde.Jacob Grimm
Günther, A.
Lindemann, Uwe
Hans Mortensen
Tuan, Yi-Fu
Waldstätten, Johann, Baron von
An manchen Orten ist der Einzelne zurückgeworfen auf sich selbst, isoliert von der Gemeinschaft. Damit verbindet sich das Gefühl der Ausgesetztheit in besonderen geographischen Umgebungen wie:
Eisel, Ulrich
Eisel, Ulrich
Carter, Erica
; Donald, James
; Squires, Judith
(Hg.):Der Blick des Menschen sucht in der Natur feste Punkte und schafft Formen, die Ordnung und damit Orientierung ermöglichen, weil sie zum Zeichen werden:
Fehr Dirk
Schmid, Holger
Christoph Ransmayr
Harald Schmiderer
Reiling, L. M.
Adalbert Stifters
Bergkristall und Thomas Manns
Der Zauberberg.Gradinari, Irina
, Dorit Müller
, Johannes Pause
Kafka, Franz
Neumann, Gerhard
}Goethes
‚Wilhelm Meister‘ und in Kafkas
‚Amerika‘-Roman.Kuhn, Kristina
; Wolfgang Struck
Polko, Elise
Eduard Vogel
[1829–1865]. Gesammelt von seiner Schwester.Heinrich Barth
, wurde vermutlich auf Auftrag des Sultans von Wadai ermordet. Gustav Nachtigal
trug 1873 zur Klärung der Umstände bei.Stüssel, Kerstin
Tröstlicher als das Nichts und hoffnungsvoller als das Chaos sind Vorstellungen über unbekannte Räume. Manche davon sind als Geflügelte Worte in die Umgangssprache eingegangen:
Friedrich Schillers
Gedicht Der Alpenjäger belehrt der Berggeist den Jäger mit den Worten:Löffler, Sigrid
Spuren gliedern den Raum auch dort, wo nie ein Mensch war. In der Vorstellung des Menschen werden sie jedoch zu Fährten hin zu einem begehrenswerten Ziel.
Der Weg zeigt Gewohnheiten an und gliedert den Raum, indem er Ziele der Vorgänger speichert.
Die Bahn ordnet die Natur den menschlichen Zielen unter, indem sie diese gewaltsam verändert.
Der Steinmann ist das erste dauerhaft gesetzte Zeichen des Menschen, das verkündet »Ich war hier«.
Der Raum (die 'geräumte' Fläche im Wald) zeigt an »Hier bleibe ich«.
Georg Toepfer
Siegert, B.
Die Vorstellung des Raumes zerfällt für Sesshafte in den bekannten, befriedeten (umzäunten) Raum und in die Wildnis; der Einzelne verlässt die Gemeinschaft ohne die Bindung an sie aufzugeben. Hier ist Oikumene, dort ist es öd und wüst, eben (menschen-)leer, ungeachtet der Landschaftsform als Wüste, Wald, Busch, Berge, Ozean.
Werner Stegmaier
Berges, Wilhelm
Antje Schlottmann
, Judith Miggelbrink
(Hg.)
Raum zu konstruieren setzt Beobachtungen voraus, die der Erfahrung bedürfen und daraus folgend Hypothesen über Raumvorstellungen, die durch Messungen falsifiziert werden. Solche Vermessung wurzelt im Abstecken von Land und im Bau von Gebäuden, schreitet fort über Wegebau zur Geographie und ist Voraussetzung für Kartographie.
Anaximander
(610–546 BC) war der Erste, der Erde, Welt und Kosmos in einen nicht-mythischen, sondern sachlich-räumlichen Zusammenhang stellte. Europa erscheint bei ihm erstmals als Einheit. Nach Cicero
(106–43 BC) postulierte er als Erster die Kugelgestalt der Erde, siehe Weltbild.
Die gedachte Landschaft wird zur Karte mit neuen Merkmalen. Erst die geographisch gedachte Erde hat Pole, einen Äquator, Wendekreise, Breiten- und Längengrade, die man wandernd nicht in der Landschaft sehen kann. Den Raum mit der Zeit verbindend, lassen sie sich jedoch messen, etwa wenn die Sonne am Äquator senkrecht steht oder wenn mit einem Gnomon die Schattenlänge bestimmt wird.
»Weiße Flecken« erscheinen als Artefakt der Kartographie, wenn durch sie Räume als Konstrukt des Modells entstehen, über die man nichts weiß.
Merriman, Peter
Edward William Soja
(1940–2015)Kriz, K.
, Cartwright, W.
, Kinberger, M.
(Hg.)Das Loch ist eine Raumerfahrung etwa als Eingang zur Höhle, setzt aber immer eine Umgebung, mindestens einen Rand, voraus. `Rand´ dient bereits als Abstraktion, denn der Rand des Himmels ist der Horizont, der Rand des vertrauten Territoriums die Peripherie. Die Leere wartet hinter dem Rand, gesteigert noch durch die Vorstellung des Raumes als einem Nichts ohne Rand und Ende und erschreckt die Menschen seit je:
Die Philosophie erkannte daher für richtig, dass es keinen Raum ohne Ort gibt und keinen Ort ohne Raum. Die moderne dreidimensionale Auffassung eines Raumes (Höhe, Breite, Tiefe) lässt sich in den lateinischen Vermessungstexten der Antike jedoch nicht finden, diese reduzieren Raum immer auf Flächen und Linien.
Jens-Olaf Lindermann
Rösli, Lukas
Etymologisch gesichert ist, dass dem `Ort´ die Vorstellung einer feinen Spitze zugrundeliegt und ebenso dem niederdeutschen `Topp´ (Proto-germanisches *toppa) die Stelle, die ein Finger berührt, beides wird abstrahiert zum Punkt.
Der `Ort´ (belegt ab dem 8. Jh.) führt zurück auf germ. *uzda- ‘Spitze’ (DWDS) und wird übertragen auf alles hervor-/hinausragende wie den Ortgang am Dach, den Ruhrort am Rhein, den Ort am Ende des Stollens - »ausgesetzte« Orte, die mit Furcht besetzt sind.
Danach erst bezeichnete Ort den Raum, wo man sich niederlässt: einen Platz, eine Stelle, ein Dorf, und ist damit synonym zu Ecke, Ende, Winkel - also an einem Ort, der einerseits Schutz verspricht und andererseits kein Entkommen ermöglicht.
Schuchardt, Hugo
Twellmann, Marcus
Jon Anderson
Place → Working Definitions S.113−114Jon Anderson
Space, and the Spatial Turn → Working Definitions S.121−122Über den 'Punkt' bedeutungsverwandt ist das niederdeutsche Topp, das sich von toppen, tippen als punktueller Berührung ableitet. Top berührt sich mit Spitze, Hügel und Steinmann: protogermanisch *wartǭ > Varða `Steinmann´, Sanskrit वर्ष्मन् varṣman `top, Spitze, Gipfel´, litauisch viršus `top´, kirchenslawisch врьхъ vrĭxŭ `top, Spitze´ < PIE *wérsmn̥ `Hügel, Spitze, *wers- `aufstehen, Spitze´.
Grimm
: »Im Nieders. ist der Topp eines Berges, dessen Gipfel, der Topp eines Baumes, der Wipfel, Zopf, der Topp des Mastbaumes, dessen Spitze, ein Haartopp, ein Haarzopf. Das Pers. Tab hat fast eben dieselben Bedeutungen.« 3)Seebold, Elmar
Ulici Claudiu-Octavian
Der Abstand zwischen zwei Punkten lässt sich als Strecke messen. Er wird aber zum Zwischenraum, wenn nur ein Punkt bekannt ist. Der Zwischenraum ist ein Drittes, siehe auch Zwillingsformeln.
Für das lateinische `locus´ 4) findet sich keine sprachliche Wurzel im Lateinischen 5), ebensowenig für τόπος tópos im Griechischen. Gemeinsam ist beiden jedoch die Vorstellung einer Fläche.
Der Topos genießt umfassende Aufmerksamkeit als schillernde Metapher. Dieser muss jedoch etwas Konkretes vorangegangen sein. Welche anfängliche Vorstellung dem `topos´ zugrunde liegt, lässt sich anhand der Bedeutungen der Metaphern nur ahnen.
Das Abmessen und Zuteilen unerschlossener Landflächen (tap-tû-ú, taptû `Neubruchland´) 6) war im Zweistromland bis etwa 1200 BC gleichbedeutend mit Macht und göttlichen Kräften; danach war das fruchtbare Land verteilt. Das Werkzeug des Feldmessers - Stab und Seil - war Attribut der ältesten Stadtgötter (z.B. Bel-Marduk in Babylon). Für einen solchen Zusammenhang sprechen im Griechischen abgeleitete Begriffe wie τοπάζω `hinzielen´ und τοπεῖον `Tau, Seil´.
Pokorny, Julius
Ritoòk, Z.
Pernot, L.
Isocrates
(Herkules
betreffend) deutet der Autor topos als ein Feld (champ) der Möglichkeiten.Tormod Eide
Proklos
' Kommentar zum ersten Buch des Euklid
wird der topos als »geometrischer Punkt« benannt. Dagegen bedeutet ăτoπoς atopos `unmöglich, unlogisch´.Casevitz, M.
Meier-Brügger, Michael
Rubinelli, Sara
Isokrates
Herkules
betreffend wird gezeigt, dass der Begriff vor Aristoteles eine technische Bedeutung hatte, die dann als Metapher übernommen wurde. Verweis auf Ritoòk S. 112Friberg, Jöran
Andrew Janiak
Aischylos
(525–456 BC) im Griechischen, während Homer
(8./7. Jh. BC) den Raum mit Chora bezeichnet. Etymologisch erscheint topos als nicht-griechisch, muss also eine neue Bedeutung mitgebracht haben. Für Aristoteles
(384–324 BC) entsteht topos erst durch Bewegung von etwas (S. 42 ff.) in Bezug auf die Umgebung, setzt also etwas Abgrenzbares voraus, einen Körper und dessen Position im Raum.Pernot
1986 als «enveloppe» (περιέχον).Den Raum zu erleben setzt Fortbewegung voraus, also immer wieder einen neuen Aufbruch aus dem vertrauten Raum mit immer neuen Übergängen durch den Zwischenraum als `das Dritte´ bis ans (vermeintliche) Ende der Welt im Zustand des Unterwegs-Seins. Raumvorstellungen sind daher Teil des (soziotechnischen) Handlungssystems »Navigation« und stehen dabei in unmittelbarem Austausch mit Fortbewegung und Orientierung. Am erfolgreichen Ende stehen die Erkenntnis: Ich weiß, wo ich bin (cogito ubi sum) und die Möglichkeit, darüber mit anderen zu kommunizieren.
Anja Ulrike Augustin
Alex Bellemare
Descartes
auf seinem Porträt von Weenix) verweist auf den Zweifel daran, wie Welt wirklich ist. Auszug aus dem englischen abstract: »the texts we analyze address the links between travel and language, territory and society, mobility and subjectivity« … through five modes … naming … describing … constructing … territorialize … imaging.Eder, Walter
Hellpach, Willy
Jammer, Max
Koselleck, Reinhart
Schröder, Iris
, Schürmann, Felix
, Wolfgang Struck
Wilcock, Deirdre
, Gary Brierley
, Richard Howitt
Dieter Boschung
, Thierry Greub
, Jürgen Hammerstaedt
(Hg.)Homers
SchiffskatalogHartmut Heller
(Hg.)Aurel Schmidt
Paolo Bianchi
(Hg.): Ankommen - Hiersein - Weggehen.Simmel, Georg
Schaaf, Ludwig
de Vaan M.
Höfler, Stefan
Spar, Ira
, Eva von Dassow
, Wilfred G. Lambert
Wunsch, Cornelia