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Liste der Zwillingsformeln

Stock und Stein gehört als stabreimende Zwillingsformel (engl. irreversible binomials) der Form »A und B« zu ähnlichen Bildungen 1), die mehr ausdrücken als Sinn A plus Sinn B und daher als Formel (=Phrasem) gelten, ebenso wie etwa Reisebild-Metaphern, Geflügelte Worte oder Sprichwörter. Zwillingsformeln wirken durch die Verdoppelung bekräftigend und beschwörend. Stock und Stein als Erstglied wirken als Steigerungsform der Eigenschaften des Zweitgliedes: Stock und Stange bezeichnet also eine gewaltige Stange. Solche Formeln finden sich auch in den Kategorien des Unterwegs-seins und der Raumvorstellungen:

Die Freiheit, selbst zu handeln

  • Stab und Stange (tragen).
    • Im germanischen Recht galt als wehrfähig, wer Stab und Stange tragen konnte.
  • (Ohne) Stab und Stütze (gehen).
    • Im germanischen Recht galt als rechtsfähig, wer »ohne Stab und Stütze« gehen konnte.
    • Siehe auch Jes 3,1-5.
  • (Mit) Stock und Hut (gehen).
    • Attribute in der Personifikation von Boten, Pilgern und Hirten.
    • Im Niederländischen war der Hut das Zeichen der »Goldenen Freiheit«.
    • Im römischen Recht erhielten freigelassene Gladiatoren, Sklaven oder Gefangene Stab und Hut (pilleus) als Zeichen, dass sie nun freie Bürger waren 2).
    • Aufbruch, → Freiheit
  • (Mit) Stock und Stab. Diese Zwillingsformel findet sich
    • im Alten Testament, Psalm 23, Vers 4d: Dein Stecken und Stab, die trösten mich;
    • war Vorbild für die ältesten ägyptischen Schriftzeichen, die auch Heka- und Auet-Zepter der Herrscher von Ober- und Unter-Ägypten symbolisieren;
    • findet sich auf Felszeichnungen zwischen Euphrat und Tigris.

Aufbruch

Fortbewegung

Zu Fuß unterwegs

  • Bergauf, bergab
  • (Durch) dick und dünn
  • Hin und weg.
  • Kommen und Gehen.
  • (Nicht) ruhen noch rasten
  • Schritt für Schritt
  • (Auf) Schritt und Tritt
  • (Über) Stock und Stein (springen).
    Diese Formel lässt sich in mehr als 30 Sprachen finden.

Reiten & Fahren

  • Rad und Wagen
  • Ross und Reisige
    • Böhm, Werner
      Ross und Reiter in der Kulturgeschichte.
      Hildesheim u.a. 1996: Olms
    • Siebert, Barbara
      Ross und Reiter. Das Pferdemotiv im Werk Karl Mays.
      200 Bl. Bielefeld, Univ., Mag.-Arbeit, 1995
  • (Über) Stock und Block (fahren).

Lasten tragen

Im Zwischenraum

  • (Über) Berg und Tal.
    Landschaft, → Wildnis
  • Disteln und Dornen, Gras und Kraut, Busch und Baum
  • Feld und Wald
  • Feld und Flur
  • Fels und Eis
  • Freund oder Feind?
    ahd. freónd ođđe feónd
  • Fuchs und Hase
  • Himmel und Hölle … Landstraße; … in Bewegung setzen.
  • Hüben und drüben
    Übergang
  • landauf, landab
  • Landen oder stranden
  • Land und Leute
    Der Fremde, Gast
    • Riehl, Wilhelm Heinrich
      Land und Leute.
      Stuttgart 1855: J.G. Cotta.
      Der aus der Rechtssprache des Mittelalters stammende Begriff wurde von Riehl übertragen auf das regionale Wandern im Unterschied zum Reisen in die Ferne.
    • Kapitel VI, S. 125 in: Brückner, Leslie, Christopher Meid, Christine Rühling: Literarische Deutschlandreisen nach 1989. VIII, 260 S. Berlin: Walter de Gruyter 2014
  • (Über) Land und Meer (reisen).
  • (Zu) Land und zu Wasser.
  • (Von) Ort zu Ort.
  • (Von) Pol zu Pol.
  • (Bei) Schnee und Regen
  • Stadt und Land.
  • (Durch) Tür und Tor
  • Weit und breit
    • Sonderbahre Begebenheiten Zweyer weit und breit herum gewanderten Jungfern.
      Nebst einem ausführlichen Bericht, wie und warum sie sich zur Reise bequemet, und Auf was Art sich endlich beyden ein solches Glück gezeiget, daß sie, mittelst der erfolgten Ehe, in einen höchsterwünschten Zustand gesetzet worden.
      1 Bl., 326 S. Franckfurt, 1742.
  • Wald und Wiesen
  • (Bei) Wind und Wetter
    • Groothuis, Rainer, Elke Heidenreich
      Von Menschen und Meeren: Wind und Wetter, Brisen und Brecher, Liebe, Landgang, Abenteuer - und die Entdeckung des luxoriösen Reisens : eine Kreuzfahrt durch die Zeit.
      München 2016: C. Hanser. Inhalt

Weg

  • Mittel und Wege (kennen).
  • Steg und Weg (kennen).
  • weder Weg noch Steg
  • (Weder) Weg noch Ziel (kennen).
  • Wille und Weg

Werbliche Zwillingsformeln

  • Urwaldhaus und Steppenzelt
  • Wüstensand und Sternenzelt

Zeit

  • Lehr- und Wanderjahre

Literatur

  • Bönnemark, M.
    Danska och svenska binomiala uttryck – en jämförelse.
    Nordiske Studier I Leksikografi, Heft 6 (2003) 59-74 . Online
  • Müller, Hans-Georg
    Adleraug und Luchsenohr: deutsche Zwillingsformeln und ihr Gebrauch.
    (= Linguistik international, 22) IX, 579 S. Frankfurt am Main 2009: Lang. Inhalt
  • Schlegel, Jana
    Mit „Kind und Kegel“ ins mentale Lexikon: eine Untersuchung der Speicherung und Produktion deutscher Paarformeln.
    IV, 79 Blätter, Blatt V - XVIII. Konstanz, Univ., Masterarb., 2014.
  • Zingerle, Ignaz Vinzenz
    Die Alliteration bei mittelhochdeutschen Dichtern.
    Wien 1864: Gerold in Komm. [= Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe d. kais. Akad. d. Wiss. XLVII (Juli 1864 ) 103-174.Online
  • Wernfried Hofmeister (Graz)
    Sammlung der gebräuchlichen Zwillingsformeln in der deutschen Gegenwartssprache.
    Stand: 25.6.2010 Online
  • Jeep, John M.
    Alliterating word-pairs in Early Middle High German.
    139 S. (= Phraseologie und Parömiologie 21). Baltmannsweiler Schneider-Verl. Hohengehren 2006 Inhalt
  • Lenz, Barbara
    Schlafsack, Schnaps und Schwebebahn. Tradierte und neue Mehrlingsformeln.
    In: Papiere zur Linguistik 2 (1999) 93-118.
1)
auch Doppel-, Paar-, Mehrlingsformel, in der Phraseologie Binomial genannt
2)
Rolf Hurschmann, Pilleus, in: Der neue Pauly 9 (2000) Sp. 1022
wiki/liste_zwillingsformeln.txt · Zuletzt geändert: 2024/07/25 04:42 von norbert

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